19. August 2013

Das Amur-Gebiet in Sibirien versinkt im Wasser

Im fernen Osten Sibiriens tritt der Amur über die Ufer. 100 000 Menschen müssen evakuiert werden. Viele haben die Gemüse-Vorräte für den Winter verloren.

Noch spazieren die Menschen in der fernöstlichen Großstadt Chabarowsk mit Regenschirmen an der Promenade des Flussufers. Doch sie fürchten sich schon, denn nach wochenlangen Regenfällen ist der Amur, der an der Stadt in einer Breite von zwei Kilometern vorbeifließt, auf 6,40 Meter angestiegen. So hoch stand das Wasser seit 120 Jahren nicht mehr. Einige Bezirke der Stadt sind bereits überflutet.

Nach Prognosen von Experten wird das Wasser in einer Woche den Höchststand von sieben Meter erreichen und erst dann abfließen. Die überfüllten Wasserkraftwerke von Sejsk und Burejsk mussten wegen Überfüllung der Staubecken bereits Wasser ablassen. Soldaten haben in Chabarowsk am Ufer des Amur massive Sandsack-Wälle aufgebaut. Doch Experten rechnen damit, dass 35 000 der 600 000 Einwohner von Chabarowsk evakuiert werden müssen.

Taifune aus China

Von den Hochhäusern der Stadt Chabarowsk kann man schon China sehen. Die russisch-chinesische Grenze liegt in nur 17 Kilometer Entfernung. Aus China ziehen seit Juli Taifune mit Regenfällen nach Russland hinüber, weshalb die Gebiete um Chabarowsk, den Amur und das Jüdische Autonome Gebiet jetzt kilometerweit überflutet sind. 92 Ortschaften mit 6000 Häusern stehen unter Wasser, 17 000 Menschen wurden bereits in Schulen und Sportsäle evakuiert. Wladimir Putin erklärte in einer Fernsehansprache, die Situation sei „ schwierig, aber beherrschbar.“ Es gehe jetzt vor allem darum, „nicht Eisen, sondern Menschen“ zu retten.Es ist die größte Überschwemmung seit 120 Jahren.

Schon im Juli fiel dreimal so viel Regen wie gewöhnlich. Mit einer Entspannung rechnen die Behörden erst Anfang oder Mitte September. Viel wird davon abhängen, wie viel von dem Taifun-Wetter aus Südostasien nach Russland herüberzieht.

Tausende Soldaten im Einsatz

3000 Soldaten der russischen Streitkräfte sowie 8000 Mitarbeiter des Notstands-Ministeriums sind im Einsatz. Die Helfer legen Ponton-Brücken, um eingeschlossene Dörfer aus der Isolation zu befreien, stellen Feld-Bäckereien und Lazaretts auf und evakuieren die Eingeschlossenen mit Booten.Viele Menschen in den Überschwemmungsgebieten sind verzweifelt. Eine Frau, deren gesamtes Grundstück überflutet wurde, weinte und erklärte, sie wisse nicht, wie das Leben weiter gehen soll. Tomaten, Gurken, Zucchini und Kürbisse, welche die Menschen im kurzen Sommer mühsam gezogen haben, um einen Vorrat für den Winter zu haben, sind nun unter den Wassermassen begraben. Einigen Bewohner der Gebiete gelang es jedoch, ihr Gemüse in Windeseile einzukochen, um es vor der Vernichtung zu retten.Die Regierung hat den Bewohnern der Überschwemmungsgebiete finanzielle Entschädigungen versprochen. Dennoch wollen sich viele Bürger nicht evakuieren lassen. Wer kümmert sich dann um das Vieh und wer schützt das Eigentum vor Plünderern? Inzwischen evakuiert die Polizei zwangsweise.

veröffentlicht in: Südkurier

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