Quellen und Anmerkungen:
Anmerkung des Autors:
Im Juli 2014 war ich in Odessa. Ich habe Video-Interviews mit Angehörigen der Opfer vom Gewerkschaftshaus gemacht. Ich wollte auch mit den Ärzten und Verwundeten in Krankenhäusern sprechen, aber die Angehörigen rieten mir ab. Sie wollten nicht, dass ich als Journalist ihre Verwandten in Gefahr bringe. Die offiziellen Vertreter der Stadt waren zu einem Treffen nicht bereit. Die Pressesprecherin des Bürgermeisters war für eine Kontaktaufnahme nicht zugänglich. Die stellvertretende Gouverneurin und ehemalige Maidan-Aktivistin Soja Kasanschi, war zu einem Interview bereit, für eine Terminabsprache dann aber nicht mehr erreichbar.
Mein Video-Material floss ein in den ersten deutschsprachigen Film über das Massaker von Odessa, „Lauffeuer“. Die Premiere des Films war am 18. Februar 2015 im Berliner Kino Moviemento. Die großen deutschen Medien ignorierten den Film. „Lauffeuer“ wurde aber in der Folgezeit auf zahlreichen selbstorganisierten Veranstaltungen zur Lage in der Ukraine gezeigt. In Hamburg und Berlin gab es auch einzelne Vorführungen in Programm-Kinos. Einem Film-Festival mit kritischen Ukraine-Filmen in Berlin im Dezember 2015, auf dem auch „Lauffeuer“ gezeigt wurde, wurde ein zugesagter Raum im „Haus der Demokratie“ kurzfristig verwehrt, sodass das Festival im Außenbezirk Berlin-Marienfelde stattfinden musste.
Nach Meinung der ukrainischen Opposition diente der Angriff auf das Gewerkschaftshaus von Odessa dem Ziel, eine Ausbreitung der regierungskritischen Bewegung in der vorwiegend russischsprachigen Südost-Ukraine zu stoppen. Die Stadt Odessa befand sich nach dem Brand im Gewerkschaftshaus in einem Schockzustand. Bis heute wagt sich die Opposition in der Stadt nicht mehr auf die Straße. Selbst Trauerkundgebungen vor dem Gewerkschaftshaus werden von ukrainischen Nationalisten gestört.
Eine pro-ukrainische Gruppe von Journalisten und Aktivisten veröffentlichte im Herbst 2015 einen Film in mehreren Sprachen unter dem Titel „Odessa ohne Mythen“ (9). In dem Film wird der politische Hintergrund für den Angriff auf das Gewerkschaftshaus komplett ausgeblendet.
(1) Der Ablauf der Ereignisse in Odessa am 2. Mai 2014
(2) Vergleiche etwa im Film „Der Platz der zerschlagenen Hoffnungen“ von Anna Stefan, ca. ab Minute 38:30.
(3) Porträt von Sergej Dolschenkow
(4) Am Nachmittag des 2. Mai 2014 formierte sich ein „Marsch für eine einige Ukraine“ von Fußball-Fans, Ultras und Maidan-Hundertschaften aus Kiew. Der Großteil der Marsch-Teilnehmer war mit Sonderzügen aus Kiew und Charkow angereist.
(5) Am Nachmittag des 2. Mai 2014 wurden auf dem Griechischen Platz in Odessa und im Umfeld des Platzes sechs Personen von Unbekannten erschossen. Unter den Toten waren zwei Anhänger des Maidan und vier Gegner des Maidan. Die Schüsse, von denen einige vom Balkon des Bulgarischen Kulturinstituts abgegeben worden sein sollen, waren nach Meinung ukrainischer Oppositioneller Provokationen, mit denen die Teilnehmer des „Marsches für eine einige Ukraine“ zu Gewalttaten angestachelt werden sollten.
(6) Porträt von Sergej Chodjak
(7) Porträt von Jewgeni Mefjodew
(8) Die beiden Anti-Maidan-Aktivisten, Jefgeni Mefjowod und Sergej Dolschenkow —auch „Kapitän Kakao“ genannt —, wurden am 19. August 2019 nach fünf Jahren Haft ohne Schuldspruch freigelassen. Eine Beteiligung an „Massenunruhen“ auf dem Griechischen Platz konnte ihnen nicht nachgewiesen werden.
(9) Film „Odessa ohne Mythen“
veröffentlicht in: Rubikon