11. October 2018

Diplomat oder Zuspitzer?

Tino Eisbrenner/Facebook - Botschafter von Fritsch spricht zu Abgeordneten der Linken
Foto: Tino Eisbrenner/Facebook - Botschafter von Fritsch spricht zu Abgeordneten der Linken

Rüdiger von Fritsch, seit März 2014 deutscher Botschafter in Moskau, veröffentlichte 2009 das Buch „Die Sache mit Tom“. Darin schildert Fritsch, der seit 1984 im Auswärtigen Dienst arbeitet, wie er 1974 in einer ausgeklügelten Aktion bundesdeutsche Pässe für DDR-Flüchtlinge – darunter auch ein Vetter von ihm - fälschte. Er sei sich bewusst gewesen, dass er damit nicht nur gegen die Gesetze der DDR sondern auch gegen die Gesetze der Bundesrepublik verstoßen habe. Aber es sei ja zu einem guten Zweck gewesen, erklärte der deutsche Botschafter gegenüber dem „Schlesien-Journal“ (ab Minute 5:44). Die Gesetze des sozialistischen Staates seien „Gesetze gewesen, um Menschen zu unterdrücken“ und damit sei das Fälschen von Pässen moralisch berechtigt gewesen.

Seine Aktion von 1974 zog von Fritsch offenbar mit Billigung des Bundesnachrichtendienstes durch. Dem "Spiegel" berichtete Fritsch 2009, einen entscheidenden technischen Tip für die Pass-Fälschung habe er von einem Bekannten seines Vaters erhalten, der in Pullach arbeitete.

Von Fritsch trat sein Amt als deutscher Botschafter in Moskau im März 2014 an. Die Ernennung zu diesem Zeitpunkt war wohl kein Zufall. Die Bundesregierung brauchte in Moskau keinen Botschafter, der Verständnis für russische Positionen hat. Russland hatte gegen den vom Westen bejubelten Staatsstreich in Kiew im Februar 2014 protestiert. Russland hatte den gewählten Präsidenten der Ukraine, Viktor Janukowitsch, der auf seiner Flucht aus Kiew von Nationalisten beschossen wurde, aufgenommen. Die Krim vereinigte sich nach einem Referendum mit Russland. Der Westen reagierte mit Sanktionen. Fritsch, der von 2004 bis 2007 stellvertretender Leiter des Bundesnachrichtendienstes war, hielt man angesichts der zugespitzten Lage, für den geeigneten Vertreter Deutschlands in Moskau.

Rüdiger von Fritsch machte sofort klar, dass nun ein neuer Geist in der deutschen Botschaft in Moskau weht. Zu den Hintergrundgesprächen des Botschafters, zu denen ich seit 1992 regelmäßig eingeladen wurde, bekam ich keine Einladungen mehr. Als ich diese Tatsache in meinem Blog bei „der Freitag“-Community öffentlich gemacht hatte, wurde ich plötzlich wieder eingeladen und Botschafter Fritsch erklärte mir vor versammelter Korrespondenten-Runde, mein Vorwurf entbehre jeder Grundlage. Es hätten lange keine Hintergrundgespräche mit den deutschen Journalisten stattgefunden. An dem Wahrheitsgehalt dieser Aussage zweifelte ich.

Mit dem deutschen Botschafter in Moskau geriet kürzlich auch der Liedermacher und Komponist Tino Eisbrenner aneinander. Eisbrenner, in dessen Liedern es unter anderem um die Verständigung zwischen Russland und Deutschland geht, nahm mit einer Delegation von Abgeordneten der Partei Die Linke an einem Treffen mit Rüdiger von Fritsch im Moskauer Hotel Metropol teil. Über das was der Botschafter den Abgeordneten zu sagen hatte, war Eisbrenner geschockt. Auf Facebook schreibt der Musiker:

„Im legendären Hotel Metropol treffen wir den deutschen Botschafter auf ein Gespräch über seinen Blick auf Russland. Nach 20min bin ich stocksauer und kann angesichts dessen, was der offizielle und oberste Vertreter deutscher Botschaft(en) da von sich gibt, die geschulte Ruhe eines Politikers wie Dietmar Bartsch nur noch bewundern. Nicht aber teilen! Ich bekomme das Wort und kann nicht anders, als anzugreifen... Es macht mich wütend, wenn "unser" Botschafter uns tatsächlich einreden will, dass Russland in der Ukraine der Aggressor sei und zum Glück die deutsche Politik immer wieder helfen würde, friedliche Lösungen herbeizuführen. Und unsere Sanktionen seien eben ein Mittel zu diesem Zwecke und eine Reaktion auf Russland als Aggressor. Als ich ihn frage, wo er denn bei seiner Einschätzung von Aktion und Reaktion den Nullpunkt setzen würde und ob nicht die NATO, wie auch Deutschland, den Ukrainekonflikt nicht doch mindestens miterzeugt hätten (Osterweiterung, Regierungsputsch, Maidan etc), manövriert er sich in die Ecke und tönt, sein Nullpunkt sei der 8.5.1945. Was denn? Will er uns weismachen, von dem Tage an wäre der Westen heilig geworden und die Aggression kam ab da von Russland? Und fällt ihm nicht auf, dass da z.B die Krim noch klar (und von deutschen Bomben regelrecht zermörst) zu Russland gehörte? Und gab es keine Nato-Osterweiterung und Russland-bashing seit dem Abzug der Roten Armee in den Neunzigern? Glaubt der Mann sich selbst oder hält der mich für einen ungebildeten Vollidioten, dem er das antworten kann? Zum Glück wird die Diskussion zwischen ihm und mir dann abgewürgt. Nur zum Glück für wen oder was? Ist e r nicht ein Volksvertreter, mit dem man solche Dinge ausdiskutieren müsste?! Dies heute war nicht der Rahmen aber wann und wo i s t der Rahmen dafür? Wenn uns das alles um die Ohren fliegt, brauchen wir nichts mehr zu diskutieren!“

Rüdiger von Fritsch ist ein Mann der klaren Worte. Aber ist er auch ein Diplomat? Versteht er es Brücken zu bauen? Ich habe da meine Zweifel. Der Herr aus adeligem Haus hat offenbar Spaß an der Konfrontation. Er fühlt sich als Vorkämpfer der Freiheit und da dürfen auch schon mal Gesetze übertreten werden. Der familiäre Hintergrund des Botschafters gibt zu denken. Fritsch ist Großneffe von Werner von Fritsch. Der war unter Hitler Oberbefehlshaber des Heeres.

Ulrich Heyden

veröffentlicht in meinem Blog bei "der Freitag"-Community

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