Moskau: Nur eine von drei Musikerinnen kommt frei
Einmal Freispruch, zwei Mal Lagerhaft: Das Berufungsverfahren gegen die russische Rock-Band Pussy Riot endete widersprüchlich.
Als der Richter des Moskauer Stadtgerichtes das Urteil gegen Jekaterina Samuzewitsch verlas - "zwei Jahre auf Bewährung" - , gab es im Glaskäfig, wo die drei Frauen von Pussy Riot standen, Begeisterungsschreie und Umarmungen.
Das Urteil für Natalja Tolokonnikowa und Maria Aljochina, die beiden anderen Teilnehmerinnen des Punk-Gebetes in der Christus-Erlöser-Kirche, wurde dagegen bestätigt. Sie müssen für zwei Jahre in ein Arbeitslager, vielleicht mehrere hundert Kilometer von Moskau entfernt.
"Ich bin froh, dass sie mich freigelassen haben, aber ich bin traurig wegen der Mädchen", sagte Jekaterina Samuzewitsch nach ihrer Freilassung. Sie hat Milde erfahren, weil Ordnungskräfte sie weggeführt hatten, noch ehe sie sich ihre E-Gitarre umhängen konnte.
Mark Fejgin, einer der Anwälte von Pussy Riot, erklärte, er werde sich dafür einsetzen, dass Natalja und Maria ihre Haft wenigstens in Moskau fortsetzen können und nicht in die Provinz müssen. Außerdem wollen die Anwälte über den Europäischen Menschengerichtshof erreichen, dass Natalja und Maria, die kleine Kinder haben, ebenfalls eine Bewährungsstrafe bekommen.
Alle drei Frauen hatten am 21. Februar an dem Punk-Gebet "Mutter Gottes - vertreibe Putin" in der Christus-Erlöser-Kirche teilgenommen und waren am 17. August zu zwei Jahren Arbeitslager verurteilt worden.
Die gestrige Berufungsverhandlung sollte eigentlich schon vor zehn Tagen stattfinden, musste aber verschoben werden, weil Jekaterina Samuzewitsch die Anwältin wechselte. Die Internetzeitung Gaseta.ru berichtete von Versuchen einer staatlichen "Beobachter Kommission", die Frauen zu einer öffentlichen Reue zu überreden. Doch dieser Versuch misslang.
In ihren abschließenden Worten erklärten die drei Frauen gestern vor Gericht, sie seien bereit sich bei den Gläubigen zu entschuldigen, deren Gefühle sie verletzt haben. Das Ziel ihres Punk-Gebets sei aber rein politisch gewesen. Sie hätten ihren Protest gegen Putin und die "derzeitige Macht" in Russland ausdrücken wollen.
veröffentlicht in: Südwest-Presse