30. March 2023

„Nur eine kleine Minderheit im Donbass will befreit werden“ (Overton-Magazin)

Ulrich Heyden vor dem Krankenhaus in Wolnowacha am 26. März 2022. Foto privat
Foto: Ulrich Heyden vor dem Krankenhaus in Wolnowacha am 26. März 2022. Foto privat

Ulrich Heyden über die fehlende Berichterstattung von beiden Seiten, das Leben im Donbass und Gewalt gegen Zivilisten.

Ulrich Heyden lebt in Moskau und berichtet seit 1992 aus Russland. Er hat mehrmals die „Volksrepubliken“ Donezk und Lugansk besucht, zuletzt im März 2022 (Zu Besuch in den „Volksrepubliken“ Donezk und Lugansk im Krieg). Zu dieser Zeit erschien sein Buch „Der längste Krieg in Europa seit 1945“ über den Krieg im Donbass seit 2014.  Die Einleitung haben wir auf Overton veröffentlicht. 2016 erhielt Heyden nach der Landung in Odessa ein Einreiseverbot für die Ukraine. Er vermutet, dass das eine Reaktion auf seinen Film über das Odessa-Massaker und die kritische Berichterstattung über die Regierung gewesen sein könnte, das Auswärtige Amt holte die Begründung ein: „Die Rückweisung wird damit begründet, dass Sie nach ukrainischen Angaben im Juni 2015 über die nicht von der UKR kontrollierte russisch-ukrainische Grenze in die besetzten Gebiete des Donezker Oblast eingereist seien. Dies stelle einen Verstoß gegen die ukrainischen Gesetze dar.“

Wir wollten heute über die Berichterstattung aus der Ukraine sprechen. Es gibt ja ein geteiltes Bild. Die einen hören nur das, was aus der von Kiew kontrollierten Ukraine kommt, und die anderen eigentlich nur das, was aus der russisch kontrollierten Ukraine kommt. Warum gibt es eigentlich keine Berichterstattung aus beiden Teilen? Warum lässt beispielsweise kein deutscher Sender einen Korrespondenten aus Donezk und einen aus Kiew berichten?

Ulrich Heyden: Das geht nicht. Ich habe gerade erst wieder erfahren, dass die Moskauer Korrespondenten, die 2014 noch nach Donezk fahren konnten, laut ukrainischer Anweisung über ukrainisches kontrolliertes Gebiet nach Donezk müssten, also praktisch durch die Front. Das ist natürlich jetzt, seitdem die Spezialoperation läuft, noch gefährlicher als vorher. Vorher war es aber auch schon gefährlich, weswegen ich es zum Beispiel nicht gemacht habe. Allerdings waren das ZDF und die ARD mit Korrespondenten noch 2018 zu den Wahlen in Lugansk und Donezk. Das hat mich schon sehr gewundert. Ich dachte, das ist doch irgendwie ein positives Zeichen. Aber das war leider nur eine Ausnahme. Das ZDF berichtete relativ fair. Aber danach herrschte wieder totales Schweigen.

Ich habe noch nie einen deutschen Journalisten aus dem Mainstream gehört, der das einmal problematisiert hat. Es ist doch ein ethisches Problem für einen Journalisten, wenn man über einen Krieg nur von der einen Seite berichtet, während alle anderen, die von dort auf eigene Faust und finanziert durch Spenden berichten, lächerlich gemacht werden.

Könnte man von den „Volksrepubliken“ im Donbass aus in die Ukraine zu fahren. Wäre es dir möglich?

Ulrich Heyden: Ich glaube, dass es heute nicht möglich ist. Es gibt zwischen Russland und der Ukraine – so weit ich weiß – keine Verkehrsverbindungen mehr. Letztes Jahr traf ich auf einer Tankstelle im Moskauer Umland eine Gruppen von Flüchtlingen aus dem jetzt von Russland eroberten Gebiet Cherson. Die hatte der Krieg nach Russland verschlagen. Sie mussten, um ihre Verwandten in der Ukraine zu besuchen, nach Polen und von dort in die Ukraine fahren. Um in die Ukraine zu kommen, müsste ich über ein drittes Land fliegen.

Wenn ich von den „Volksrepubliken“ in die Ukraine fahre, wäre das für mich genauso ein Sicherheitsproblem, weil ich durch die Front kommen müsste und zufälligem oder gezieltem Beschuss ausgesetzt wäre. Und ich müsste damit rechnen, sofort auf der ukrainischen Seite von den Sicherheitskräften der Ukraine zur Rede gestellt werden, wieso ich nicht direkt über Russland in die Ukraine gekommen bin, sondern über die Volksrepubliken, also über die Gebiete, die aus ukrainischer Sicht illegal annektiert wurden. Ich müsste mit Strafmaßnahmen der ukrainischen Seite rechnen. Da ich schon ein fünfjähriges Einreiseverbot hatte und kritisch über die ukrainische Regierung berichte, würde man mich sicher besonders streng behandeln.

Das ZDF oder die ARD könnten aber auch, wenn sie niemand in die „Volksrepubliken“ schicken wollen, zum Beispiel Vertreter dieser Republiken interviewen und alle möglichen kritische Fragen stellen, wenn diese in Moskau sind. In Rostow am Don könnten sie Menschen interviewen, die aus den Republiken kommen, weil sie sich Pässe oder medizinische Versorgung holen. Tausende Ukrainer leben noch in Flüchtlingslagern in Russland. Hier könnte man auch recherchieren und mit den Leuten sprechen. Dann müsste man sich mit den Autoritäten absprechen, weil die Lager bewacht sind.

Das gesamte Thema Ukraine ist ja ein Sicherheitsproblem. Es gab Anschläge von in Russland operierenden „Freunden der Ukraine“ auf Personen, die publizistisch als Anhänger der „russischen Welt“ auftreten und die Volksrepubliken medial unterstützen.  Darja Dugina, die Tochter des Eurasiers Aleksandr Dugin, wurde im August 2022 nicht weit von Moskau mit einer Autobombe getötet. Anfang März 2023 wurde unter dem Auto von Konstantin Malofejew dem Chef von Zargrad – einem russisch-patriotischen Internetportal – eine Bombe gefunden. Russische Sicherheitskreise meinten, es sei ein Anschlagsversuch ukrainischer Terroristen.

Sind denn jetzt noch russische Journalisten in der Ukraine?

Ulrich Heyden: Bis zur Spezialoperationen gab es ab und zu Berichte aus der Ukraine, aber seitdem die russischen Truppen einmarschiert sind, habe ich keine Berichte russischer Journalisten mehr aus der Ukraine gesehen oder gelesen. Das ist auch für mich völlig nachvollziehbar, weil natürlich die Emotionen und Vorwürfe gegenseitig so hoch sind, dass ich mir nicht vorstellen kann, wie ein russischer Journalist sicheren Fußes durch die Ukraine gehen könnte. Wenn man auf die harten Nationalisten stößt und du dich nicht auf ihre Seite stellst, dann bist du Putins Freund und wirst für die Invasion verantwortlich gemacht. Da muss man um sein Leben fürchten.

Im Westen wird über den Beschuss von zivilen Zielen in der von Kiew kontrollierten Ukraine berichtet, aber fast nie über den Beschuss des separatistischen  Donbass von ukrainischen Truppen, wo auch fast täglich Zivilisten getötet oder verletzt werden. Das wird in den russischen Medien natürlich berichtet, aber nicht, dass zivile Ziele in der Ukraine von russischen Raketen getroffen werden und Zivilisten getötet werden. Wie erklärt sich das eigentlich?

Ulrich Heyden: Es wird praktisch immer gesagt, dass bestimmte Infrastrukturziele getroffen werden. Zum Beispiel gab es heute in der Nacht vom achten auf den neunten März einen massiven Beschuss mit Raketen. Da heißt es immer, dass stromerzeugende Anlagen, militärische Sammelpunkte, militärische Hauptquartiere, Rüstungsproduktion, Nachschubwege aus Europa oder andere militärischen Ziele bombardiert werden. Ich glaube, dass die Russen tatsächlich auf militärische Ziele zielen, aber dass dabei auch immer wieder etwas daneben gehen kann.

Die Russen  haben in den letzten Monaten, wenn ein großes Wohnhaus getroffen wurde, häufig darauf verwiesen, dass die Rakete von der ukrainischen Luftabwehr abgeschossen wurde und Teile der abgeschossenen Rakete die Häuser zerstört haben. Das habe ich auch selber erlebt. Kurz bevor ich im März 2022 in Donezk war, hatte es in der Innenstadt auch einen so tragischen Fall gegeben, als die Luftabwehr von Donezk eine ukrainische Rakete abgeschossen hatte. 16 Zivilisten sind von herunterfallenden Teilen auf der Straße getötet worden.

Wenn über einen Beschuss von russischer Seite berichtet wird, sieht man oft Bilder von ganz harmlos aussehenden Gehöften, wo man sich nicht vorstellen kann, dass sie militärisch genutzt werden. Aber ich bin nicht vor Ort. Ich habe auch nicht die Kapazitäten, jeden einzelnen Beschuss zu überprüfen.

Ulrich Heyden: Das ist auch nicht möglich, das könnten nur Journalisten, die das Vertrauen einer der beiden Armeen haben, um zu recherchieren. Selbst wenn man das Vertrauen hat, ist es noch nicht gesagt, dass sie erlauben, das auch zu berichten. Keine Armee möchte natürlich, dass ein Fehler an die große Glocke gehängt wird. Also man soll nicht so tun, als ob man aus dieser Situation neutral berichten kann. Was man aber von einem Journalisten erwarten kann, dass er öffentlich sagt, wenn er zum Beispiel mit Militärs zu einem Ort fährt. Es ist dann für den Leser klar, dass es da bestimmte Beschränkungen gibt.

Du warst schon vor dem Krieg ab Februar 2022 öfter einmal im Donbass und hast dort recherchiert. Der Krieg findet ja eigentlich seit 2014 statt. Das sagt jede Seite. Getötet wurden auf beiden Seiten 14.000 Ukrainer. Wurden denn von beiden Seiten gezielt zivile Ziele beschossen?

Ulrich Heyden: In den letzten neun Jahren war ich immer nur auf der Seite der „Volksrepubliken“. Und da haben die Leute sich immer beschwert, dass sie wegen des Minsker Abkommens nicht zurückschießen dürfen. Das müssten sie einhalten. Aber sie haben dann wohl doch manchmal zurückgeschossen Es ergibt für mich auch keinen Sinn, zivile Objekte zu beschießen. Für die ukrainische Seite allerdings schon. Selenskij hat beispielsweise 2021 in einer Fernsehansprache gesagt, wer sich Russland zugehörig fühlt oder mit Russland sympathisiert, der soll doch bitte nach Russland gehen. Nach meinem Eindruck wurden in den letzten Jahren von der ukrainischen Armee und den rechtsradikalen Bataillonen, insbesondere im letzten Jahr, vermehrt gezielt Krankenhäuser, Kindergärten und Schulen beschossen. Die zerstörten Gebäude habe ich auch teilweise selber besucht. Das ist natürlich eine Zermürbungstaktik, die dazu führen soll, dass die Leute es einfach nicht mehr aushalten, da zu leben. Von den eine Million Einwohnern von Donezk hat bestimmt die Hälfte die Stadt verlassen. Vielleicht sind jetzt wieder welche zurückgekehrt.

Es war bzw. ist  auch ein explizites Ziel der russischen „Spezialoperation“, diesen Beschuss zu beenden.

Ulrich Heyden: Für Lugansk ist das gelungen, für Donezk nicht. Die ukrainischen Truppen haben sich zehn Kilometer von der Stadtgrenze entfernt gut eingebunkert. Es ist einfach schrecklich, in Donezk zu sein, auch als Journalist. Man muss wirklich harte Nerven haben, weil man praktisch wie auf dem Präsentierteller ist. Es gibt keine Regel, wann der Beschuss erfolgt. Manchmal schießen sie mehrere Mal am Tag, manchmal  einen halben Tag gar nicht. Oder sogar zwei Tage nicht. Und dann geht es auf einmal wieder los, auch in verschiedensten Gebieten der Stadt, vor allen Dingen im Nordwesten, wo es ganz schlimm ist. Außerdem gibt es auch diese kleinen Minen, die von Kassetten ausgeworfen werden und teilweise von den  Dächern herunterfallen. Ein mir bekannter russischer Journalist hat einige Zehen durch eine solche kleine Mine verloren, die man kaum erkennen kann. Also diese ganze Atmosphäre ist einfach furchtbar.

Als ich letztes Jahr da war, und so ist es bis heute, waren die Kindergärten und Schulen geschlossen. Die Eltern müssen das Kinderprogramm zu Hause machen, für die Schüler gibt es Homeschooling. Das ist schon hart und für mich war es auch eine harte Tour. Neben unserem Hotel wurde zum Beispiel der Amtssitz von Puschilin bombardiert. Alle im Hotel rannten in den Keller. Als wir wieder auf die Straße traten, stand das Gebäude im Rauch und der obere Teil war zerstört.

Eigentlich müsste man ja korrekterweise sagen, dass auch Ukrainer gegen Ukrainer kämpfen?

Ulrich Heyden: Der Donbass ist eine multinationale Region. Durch die Industrialisierung wurden viele verschiedene Menschen aus der gesamten Sowjetunion angezogen: Tataren, Griechen, Moldawier, Russen, Ukrainer … Russisch wurde da vielleicht zur Lingua franca, also zu der Sprache, in der sich alle verständigen konnten. Als ich 2020  in Lugansk war, hat mir ein Vertreter des Außenministeriums gesagt: Wir sind eigentlich die richtige Ukraine. Ich habe in den Volksrepubliken Lugansk und Donezk keinen Hass auf die Ukraine gespürt. Später schon gegen Poroschenko und die rechten Bataillone. Als es das Referendum gab, waren die Leute froh, weil sie praktisch das Gefühl hatten, dass sie darauf lange gewartet haben. Sie haben sich soziale Sicherheit, die Einbindung in das russische Sozialsystem und überhaupt mehr Lebensqualität erhofft. Aber was wolltest du mit deiner Frage ansprechen?

Es heißt ja immer, dass die Russen gegen die Ukrainer kämpfen, die versuchen, die besetzten Gebiete wieder von den Russen zu befreien. Allerdings kämpfen doch unter russischer Führung vermutlich auch viele Milizen mit Menschen aus dem Donbass, die ja Ukrainer sind.

Ulrich Heyden: Ja, alle haben den ukrainischen Pass gehabt und haben ihn vielleicht immer noch. Schon 2022 hatten mehr als 600.000 Menschen in den Volksrepubliken russische Pässe. Wenn man nach der nationalen, also nach der ethnischen Zugehörigkeit fragt, dann sind unter den Leuten, die jetzt dort leben, viele Ukrainer, die immer noch in den Volksrepubliken leben. Jetzt von einem Krieg der Ukraine gegen Russland zu sprechen, ist einfach verkürzt. Auch die von Kiew kontrollierte Ukraine besteht ja auch aus verschiedenen Nationalitäten. Da gibt es Ungarn, Rumänen, Moldauer, Bulgaren, Polen oder Belarussen. Die Ukraine ist fast so ein großer Vielvölkerstaat wie Russland selbst mit seinen 150 Nationalitäten. Aber in der so zugespitzten Kriegsdebatte werden solche wichtigen Details überhaupt nicht mehr erwähnt. Leider Gottes.

Jetzt sagt man in Kiew, man müsse die Menschen in den russisch besetzten Gebieten befreien. Die Menschen dort würden getötet, vergewaltigt und gefoltert. Das sagen etwa auch immer die deutschen Regierungsvertreter, die deswegen auch die Waffenlieferungen und den Krieg bis zum Sieg unterstützen. Wie sieht man denn das auf der anderen Seite? Wünscht sich die Mehrheit eine Befreiung durch die ukrainischen Truppen?

Ulrich Heyden: Also ich habe im letzten Jahr, als ich dreimal dort war, natürlich einige Leute getroffen, die einfach unzufrieden waren mit den Volksrepubliken und auch mit Russland. Aber die große Mehrheit war froh, dass man sich jetzt mit Russland zusammenschließt. Und dies aus verschiedensten Gründen, vor allem aus der Kriegserfahrung, dass die Ukraine die Menschen dort nicht schätzt, weil sie diese beschießt oder  ihnen keine sozialen Leistungen zahlt bzw. sie diese nur unter großen Mühen erhalten. Die Sozialleistungen für Rentner zum Beispiel mussten sich diese im von Kiew kontrollierten Gebiet abholen. Da hat sich einfach viel Hass auch angestaut.

Ich würde sagen, dass es nur eine kleine Minderheit ist, die befreit werden will. Es gibt natürlich Jugendliche, die aus einem Kriegsgebiet weg wollen, in dem sie sich nicht entwickeln können, weil das zu angespannt ist. Oder Menschen, die Verwandte oder Freunde in Kiew haben. Aber das sollte man nicht zu stark politisch bewerten. Allgemein gab es eine große Sehnsucht nach Russland. Russland wurde gelobt, weil die Straßen neu gebaut werden, man erhoffte sich bessere medizinische und soziale Versorgung von Russland. Das ist vor allem bei der älteren Generation so, aber auch in der Jugend. Die jungen Leute können natürlich jetzt auch russische Universitäten besuchen, sie sind ja jetzt in den Gebieten, die sich mit Russland vereint haben, russische Staatsbürger.

Aber die Übergangsphase ist kompliziert. Zum Beispiel hat die Lugansker Volksrepublik ein Strafrecht, das sich sehr stark an das russische angelehnt hat, während die Donezker Volksrepublik, als sie sich von der Ukraine abgespalten hat, das Strafrecht der Russischen Sozialistischen Republik aus den 1960er Jahren übernommen hat. Da ist die Todesstrafe noch vorgesehen und die humanitäre Erneuerung, die es schon längst in Russland gegeben hat, noch nicht vollzogen, beispielsweise dass man von der Unschuld ausgeht und der Staat beweisen muss, dass eine Person schuldig ist. Die russischen Medien haben auch darüber berichtet, dass es im Strafrecht sehr große Unterschiede gibt.

Was ist beispielsweise mit den Vorwürfen der Vergewaltigung?

Ulrich Heyden: Der Vorwurf der Vergewaltigung ist ein schwieriges Thema. Ich habe mich ein bisschen damit beschäftigt, weil das ein Hauptvorwurf der westlichen Medien ist. Russische Soldaten sollen angeblich auf Kommando ihrer Vorgesetzten Frauen vergewaltigen, um die Bevölkerung einzuschüchtern. Das ist freundlich ausgedrückt nicht belegt. Man kann meiner Meinung nach nicht ausschließen, dass russische Soldaten Vergewaltigungen begangen haben, die Vereinten Nationen haben von einigen Fällen gesprochen. So etwas gibt es in allen Kriegen. Aber es wird auch viel übertrieben. So gab es neulich diesen Skandal mit Pramila Patton, der UN-Sonderbeauftragten für sexualisierte Gewalt in Konflikten. Sie hatte im Oktober letzten Jahres gesagt, die russische Armee würde gezielt vergewaltigen. Im Februar 2023 wurde sie von den zwei russischen Prankstern Vovan and Lexus hereingelegt und interviewt. Hier sagte sie, sie hätte für die Behauptung, dass die russische Armee Soldaten zur Vergewaltigung aufruft, keine Beweise. Sie könne das auch nicht untersuchen, sie habe nur Berichte gehört.

Jetzt hat die ukrainische Staatsanwaltschaft 150 Fälle gelistet und die Europäische Kommission zum Internationalen Frauentag Sanktionen gegen eine Reihe von Menschen verhängt, die sich der Gewalt gegen Frauen schuldig gemacht haben, darunter vier Russen, zwei Polizeioffiziere aus Moskau, die angeblich oppositionelle Frauen im Gefängnis bedroht oder sogar geschlagen haben sollen, und zwei russische Kommandeure, in deren Einheiten Soldaten waren, die angeblich vergewaltigt haben. Aber in den seltensten Fällen kommen die Opfer zu Wort. Man sieht ab und zu ein Vergewaltigungsopfer aus der Ukraine im deutschen Fernsehen, aber meistens sind es Funktionäre und Politiker, die darüber sprechen. Es fehlen die Listen mit Namen, Orten und konkreten Fakten, die nicht vorgelegt werden.

Es gibt allerdings schon Berichte, in denen Frauen zu Wort kommen, denn Gewalt angetan wurde. Man will natürlich auch vermeiden, dass die Frauen noch einmal vorgeführt werden, viele wollen darüber in der Öffentlichkeit nicht sprechen …

veröffentlicht in: Overton Magazin

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