Putin spricht und singt mit enttarnten Spionen
Von unserem Korrespondenten Ulrich Heyden, Moskau
Russlands Ministerpräsident sagt Anna Chapman & Co. eine glänzende Zukunft voraus.
Nun hat auch der Kreml sein Schweigen zu den russischen Agenten um Anna Chapman (geborene Kuschtschenko) gebrochen. Auf der Krim hat sich Wladimir Putin zu dem für den russischen Auslandsspionagedienst SWR äußerst peinlichen Fall geäußert. Der elfköpfige russische Agentenring war Ende Juni in den USA aufgeflogen. Anfang Juli wurden die russischen Spione in Wien gegen angebliche Agenten, die in Russland arbeiteten, ausgetauscht.
Die Plauderei mit den Journalisten über den Fall Chapman & Co. schien dem braun gebrannten Putin, der selbst von 1985 bis 1990 in Dresden als Spion gearbeitet hatte, sichtlich zu gefallen. Er kenne alle Verräter „mit Namen“, sagte Putin. Und als die Journalisten wissen wollten, ob die Verräter bestraft würden, bekamen sie zur Antwort: „Das ist keine korrekte Frage.“ Nur so viel wollte der Premier verraten: „Der Geheimdienst lebt nach seinen eigenen Gesetzen, und diese Gesetze sind allen Mitarbeitern bekannt.“ Verräter würden bekanntlich bei Alkohol oder Drogen enden. Den enttarnten Agenten sagte er eine glänzende Zukunft voraus. „Sie werden ein interessantes, ereignisreiches Leben haben.“
Putin erzählte auch, dass er mit den ausgewiesenen Spionen Lieder gesungen habe – unter anderem „Womit die Heimat beginnt“. Besagtes Lied stammt aus dem 1968 gedrehten sowjetischen Weltkriegsfilm „Schild und Schwert“. Manche Redewendungen aus dem Film hatten sich damals in die Alltagssprache eingebürgert.
Über die Arbeit der enttarnten Spione wollte sich der Premier nicht äußern. Lang und breit ließ sich Ex-Agent Putin jedoch über den harten Alltag eines Spions aus. Das Schicksal dieser Menschen sei „überaus schwer“. „Man muss eine Fremdsprache auf dem Niveau der Muttersprache erlernen, jahrelang Aufträge im Interesse des Heimatlandes ausführen, ohne dabei auf diplomatische Deckung zu hoffen.“ Und dabei bringe man auch noch „sein eigenes Leben und das Leben der Angehörigen in Gefahr, die nicht einmal wissen, wer sie sind und für wen sie arbeiten.“
Anna Chapman lebt seit ihrer Rückkehr sehr zurückgezogen. In ihrer Heimatstadt Wolgograd (dem ehemaligen Stalingrad) wird sie bereits als Heldin gefeiert. Ein Werbeunternehmen hat dem Bürgermeister der Stadt vorgeschlagen, Anna Chapman zur Ehrenbürgerin zu ernennen. Eine Zeitung der Stadt hat einen Liederwettbewerb zum Thema Chapman ausgeschrieben.
"Sächsische Zeitung"