Putins Datscha am Schwarzen Meer
Von Ulrich Heyden, SZ-Korrespondent in Moskau
Der Kreml bestreitet eine Beteiligung am Bau eines teuren Palastes unweit von Sotschi. Neue Dokumente belegen das Gegenteil.
Die Mitte Januar auf der Website RuLeaks veröffentlichten Fotos von einem pompösen „Putin-Palast“ bei Sotschi am Schwarzen Meer schlugen in Russland heftige Wellen.
Der Leiter der Kreml-Verwaltung, Wladimir Koschin, erklärte letzte Woche, weder die Kreml-Verwaltung noch der Ministerpräsident hätten etwas mit dem Bau zu tun. Doch zu Wochenbeginn veröffentlichte die Novaya Gazeta Dokumente, nach denen der Kreml 2005 den Bau selbst initiiert hat.
Aktivisten der russischen Piraten-Partei hatten die Fotos von dem Palast auf der Website RuLeaks gepostet. Um sich selbst ein Bild zu machen, fuhren letzte Woche Aktivisten der Nordkaukasischen Umweltwache zu dem neuen Palast. Sie machten Filmaufnahmen, wurden dann aber von einem privaten und den staatlichen Sicherheitsdiensten abgedrängt. Kameras wurden beschlagnahmt.
Die Umweltschützer beobachteten den Bau schon länger, weil das Gebäude in einer geschützten Waldzone steht. Auf den Filmaufnahmen der Umweltschützer ist zu sehen, dass den Eingang des Palastes ein goldener Doppeladler ziert, ein Hinweis, dass es sich um ein staatliches oder staatsnahes Gebäude handelt.
Alte Verbindungen
In einem der von der Novaya Gazeta veröffentlichten Dokumenten vom Juni 2005 werden die Firma Lirus und die Kreml-Verwaltung als Besitzer des Palastes genannt. Im Vertrag ist die Rede von einem „Pensionat“. Die Firma Lirus ist die Tochterfirma der Firma Rosinvest – seinerzeit auf Anweisung von Putin gegründet. 2008 – offenbar infolge der Finanzkrise – wurde dann mit Unterschrift von Kreml-Verwaltungschef Koschin die Firma Indokopas als neuer Investor eingeführt.
Nach Ansicht von Sergej Kolesnikow hingegen, einem Unternehmer, der sich letztes Jahr in die USA abgesetzt hat, gehört der neue Palast am Schwarzen Meer formal dem Unternehmer Nikolai Schamalow. Ein Mann, den Putin noch aus der Zeit der St. Petersburger Datschen-Kooperative „Osero“ kennt. Kolesnikow hatte Mitte Dezember in einem Offenen Brief an den russischen Präsidenten Dmitri Medwedew als Erster über den angeblichen „Putin-Palast“ berichtet. Der Unternehmer selbst gehörte angeblich zu einem Kreis von mit Putin befreundeten Geschäftsleuten.
In seinem Brief erhob Kolesnikow schwere Vorwürfe gegen das Umfeld von Wladimir Putin, welches angeblich in korrupte Machenschaften verwickelt ist. Der Palast bei Sotschi sei für Putin persönlich gebaut und von russischen Geschäftsleuten finanziert worden. Putins Sprecher Dmitri Peskow hatte die Vorwürfe zurückgewiesen. Denkbar ist auch , dass der neue Palast bei Sotschi für Empfänge während der Winterolympiade 2014 in Sotschi gebaut wurde. Es wäre nicht das erste Mal, dass der Kreml extra für ein internationales Großereignis einen Palast baut. In St. Petersburg wurde für den G-8-Gipfel 2006 der halb verfallene Konstantinowski-Palast als Konferenz-Ort hergerichtet. Der Bau wurde damals mit Spenden von russischen Geschäftsleuten finanziert.
Kein klärendes Wort
Putin hatte bisher nicht das Image eines Potentaten mit goldenen Badewannen. Doch die widersprüchlichen Äußerungen der Kreml-Verwaltung bringen den Ministerpräsidenten in ein schiefes Licht. Putin zeigt sich gerne als Anwalt der einfachen Leute, der vor laufender Kamera auch schon mal einen Oligarchen zusammenstaucht. Nun müsste der Ministerpräsident eigentlich ein klärendes Wort sprechen, denn in Russland stehen wichtige Wahlen an.
Im Internet
http://ruleaks.net/1901
www.youtube.com/watch?v=j5iy1GDmetU
veröffentlicht in: Sächsische Zeitung