Spurensuche im Kaukasus
Ermittlungen. Bislang gibt es wenige handfeste Beweise für einen Kontakt mit Dschihad-Kämpfern.
Ulrich Heyden Moskau (SN). US-Sicherheitsbehörden prüfen, ob die aus Tschetschenien stammenden Brüder Tamerlan und Dschochar Zarnajew Kontakt zu Doku Umarow, dem islamistischen Führer des sogenannten „Emirats Kaukasus“, hatten. Umarow gilt nach Ansicht Moskaus als einer der gefährlichsten Terroristen des Landes. Er soll unter anderem im früheren russischen Kriegsgebiet Tschetschenien operieren.
Tamerlan Zarnajew soll sich 2012 mehrere Monate lang in der russischen Nachbarrepublik Dagestan aufgehalten haben. Eine den Islamisten in Dagestan nahestehende Internetseite wies Verbindungen mit den Zarnajews zurück. „Die kaukasischen Mudschaheddin führen keinen Krieg gegen die USA“, hieß es. Umarow habe zudem Angriffe auf zivile Ziele verboten. Allerdings hatte Umarow die Verantwortung für die Anschläge auf die Metro in Moskau 2010 und den Moskauer Flughafen Domodedowo 2011 übernommen. Die russischen Sicherheitskräfte sind gegen den Terror im Kaukasus bisher nicht wirklich erfolgreich. Laut offiziellen Angaben unternahmen Moskaus Truppen bis Ende 2012 in der Region 2000 Operationen; dabei sollen 363 Mitglieder von Terrorgruppen getötet worden sein. Auffallend ist, dass die staatlichen russischen Medien sehr zurückhaltend über die Zarnajew-Brüder berichten. Gezeigt wurden Interviews mit ihrem Vater Ansor, der erklärte, seine Söhne hätten „noch nie Waffen gesehen“ und seien „im Guten“ erzogen worden. Mutter Subeidat betonte, ihre Söhne seien Opfer einer Verschwörung.
Was bisher an Belegen für einen Kontakt zu Extremisten vorliegt, ist nicht besonders viel. Dschochar hatte auf seiner Website beim russischsprachigen Netzwerk vk.com Links zu religiösen Websites gesetzt. Ein Video zeigt ein Gebet für die Opfer des Bürgerkriegs in Syrien. Sein Bruder Tamerlan soll die Websites islamischer Extremisten besucht und einen Link zu dem tschetschenischen Sänger Timur Muzurajew gesetzt haben, dessen Lieder in Russland wegen seiner Unterstützung der Unabhängigkeitsbestrebungen Tschetscheniens verboten sind. Die Familie Zarnajew verließ Tschetschenien wegen des dort tobenden Krieges mit Russland. Die Entscheidung, die Heimat zu verlassen, war nahe liegend. Viele Dörfer und Städte Tschetscheniens lagen in Trümmern. Es herrschten Willkür und Gewalt.
Nach Angaben westlicher Hilfsorganisationen flüchteten während der zwei Tschetschenienkriege 400.000 Menschen in andere russische Regionen oder ins Ausland. Mehr als 100.000 starben.
veröffentlicht in: Salzburger Nachrichten