Starke Worte, harte Taten
Wie sich Wladimir Putin die Zustimmung der Russen sichert
Von Ulrich Heyden
Zehn Jahre steht Wladimir Putin jetzt an der Spitze Russlands, und es sieht ganz danach aus, dass der ehemalige Geheimdienstchef noch lange am Ruder bleiben wird. Putins Geheimrezept: Er vermittelt seinen Landsleuten das Gefühl, dass er alle ihre Probleme – von der allgegenwärtigen Korruption bis zur Beamtenwillkür – kennt und sich um alles kümmert.
Selbst die Finanzkrise kann der Popularität des Ex-Präsidenten nichts anhaben. Vielmehr heimst der Premier mit symbolischen Strafaktionen Pluspunkte ein. Beispielsweise, als er im Juni im nordrussischen Provinznest Pikaljowo den Oligarchen Oleg Deripaska dazu verdonnerte, Lohnschulden auszuzahlen und die Produktion einer stillgelegten Zementfabrik wieder anzufahren. Solche symbolischen Aktionen kommen an. Und sie erinnern an den frisch ernannten Ministerpräsidenten Putin, der im September 1999 seinen von Bombenexplosionen in Moskauer Wohnhäusern verängstigten Landsleuten markig versprochen hatte, man werde die „tschetschenischen Terroristen bis aufs Klo verfolgen und dort ertränken“.
Während der Privatisierungs-Phase in den 1990er Jahren verloren in Russland Millionen Menschen ihre Arbeitsplätze. Durch die Folgen zweier Finanzkrisen wurden Sparguthaben vernichtet und der Rubel entwertet. Vor diesem Hintergrund fällt es leicht zu verstehen, weshalb die Russen bereit sind, jeden zu wählen, der ihnen Sicherheit verspricht und die elementaren Lebensgrundlagen garantiert. Natürlich hätten die russischen Bürger auch gerne Meinungsfreiheit. Aber ein Arbeitsplatz und ein voller Kühlschrank – diese Grundbedürfnisse stehen zweifellos an erster Stelle.
Dass die Oligarchen in den wilden 1990er Jahren riesige Vermögen anhäufen konnten, während Millionen ihrer Landsleute arbeitslos wurden, das kreiden die Russen den Demokraten an. Putin machte sich diese Stimmung zu Nutze, als er politisch ambitionierte Unternehmer kalt stellte, die seinen autoritär-zentralistischen Kurs nicht mitgehen wollten. Das prominenteste Opfer dieser Strategie ist der einst reichste Mann Russlands, Yukos-Chef Michail Chodorkowski. Er sitzt seit Jahren wegen Steuerhinterziehung in einem sibirischen Arbeitslager ein.
Solange Putin es schafft, den Russen ein Mindestmaß an persönlicher Sicherheit zu garantieren, so lange wird er mächtig sein. Den wenigen kritischen Menschen, die dieser Sicherheit nicht trauen, bleiben nur dürftige Alternativen: Sie können sich im Internet und in einer Handvoll oppositioneller Zeitungen austoben. An Putins hohem Ansehen ändert das freilich nichts.
"Saarbrücker Zeitung"