Stichwahl in der Ukraine
Neuer Präsident. Oppositionsführer Janukowitsch und Regierungschefin Timoschenko bekamen die meisten Stimmen.
Ulrich Heyden Moskau (SN). Bei der Präsidentenwahl in der Ukraine stehen Oppositionsführer Viktor Janukowitsch und Regierungschefin Julia Timoschenko laut Exit-Polls in der Stichwahl am 7. Februar. Der 59-jährige Janukowitsch kam auf etwa 35 Prozent der Stimmen, wie der Kiewer Fernsehsender ICTV auf Grundlage von Wählerbefragungen am Sonntag mitteilte. Timoschenko (49) erhielt der Prognose von ICTV zufolge 25,7 Prozent der Stimmen.
In einer anderen Umfrage fiel der Abstand zwischen den beiden Kandidaten allerdings knapper aus: Hier kam Janukowitsch auf 31,5 Prozent und Timoschenko auf gut 27,2 Prozent. Wie erwartet kam Amtsinhaber Viktor Juschtschenko nur auf etwas mehr als fünf Prozent. Keiner der insgesamt 18 Kandidaten erreichte die benötigten 50 Prozent. Erste aussagekräftige Teilergebnisse wurden in der Nacht auf Montag erwartet.
Die amtierende ukrainische Ministerpräsidentin und Präsidentschaftskandidatin Julia Timoschenko war in einen teuren Pelz gehüllt, als sie in ihrer ostukrainischen Heimatstadt Dnepopetrowsk ihre Stimme abgab. Auch Wiktor Juschtschenko, der ehemalige orange Revolutionär und amtierende ukrainische Präsident, machte sich trotz miserabler Umfragewerte Hoffnungen. Er sagte nach der Stimmabgabe trotzig, er werde „siegen“ – Stunden später war er geschlagen.
Wiktor Janukowitsch, der Führer der in der russischsprachigen Ostukraine starken Partei der Regionen, hat sein Image in den letzten Jahren mithilfe amerikanischer PR-Experten aufgepäppelt. Laut Umfragen ist Janukowitsch auch Favorit in der Stichwahl gegen Timoschenko am 7. Februar .
Politische Unterschiede spielen bei dieser Wahl kaum eine Rolle. Fast alle Kandidaten plädieren für eine Zusammenarbeit sowohl mit Russland als auch mit der EU. Die Frage des NATO-Beitritts, für den es in der Ukraine keine Mehrheit gibt, umgingen die bekanntesten der insgesamt 18 Präsidentschaftskandidaten. Die Menschen in der Ukraine sehnen sich heute nach Ordnung. Sie sind müde von politischen Intrigen und Zerwürfnissen in der politischen Elite, die die Staatsgeschäfte lähmen und dazu führen, dass drängende finanzielle und soziale Probleme aufgeschoben werden.
2004 waren es die Mitstreiter von Julia Timoschenko und Viktor Juschtschenko, die im Zentrum von Kiew wochenlang in Zelten campierten und damit eine Wiederholung der von Janukowitsch gefälschten Wahlen erreichten. Nun stellen sich die „Weiß-Blauen“, wie die Unterstützer von Janukowitsch wegen ihrer zweifarbigen Fahnen heißen, auf Straßenproteste ein und bauten im Zentrum von Kiew ihre Zelte auf.
Dass es auch diesmal nicht ohne gegenseitige Wahlfäschlungsvorwürfe abgehen wird, zeigte sich schon am Sonntag. Aus Georgien reisten Hunderte von Georgiern an. Es handelte sich um kräftige junge Männer. Sie waren mit Ausweisen ukrainischer Medien ausgestattet und erklärten, als „Wahlbeobachter“ arbeiten zu wollen. Doch die zentrale Wahlkommission in Kiew lehnte es ab, die Georgier zu akkreditieren. In Donezk wurden vier Georgier mit ukrainischen Presseausweisen kurzzeitig festgenommen. Zwei georgische Journalisten wurden verprügelt.
Es gibt Befürchtungen, die Männer könnten in Auseinandersetzungen zwischen Anhängern von Timoschenko, Juschtschenko und Janukowitsch eingreifen.
"Salzburger Nachrichten"