10. November 2008

Tod bei Testfahrt

20 Menschen - darunter 17 Vertreter der Hersteller-Werft und drei Soldaten - erstickten auf einer Test-Fahrt eines russischen U-Boot der Klasse Nerpa im Japanischen Meer. Offenbar wurde im Rahmen eines irrtümlichen Feuer-Alarms das geruchlose Feuerschutz-Gas Freon eingeleitet.

MOSKAU. Die vordere Sektion des Bootes war wegen des Feuer-Alarms verriegelt. Niemand konnte fliehen. 21 Menschen wurden verletzt und von einem Begleit-Schiff evakuiert. An Bord des Nerpa-U-Bootes befanden sich zum Unglückszeitpunkt 208 Menschen. Radioaktivität sei nicht ausgetreten, erklärte Flottensprecher Igor Dygalo. "Diejenigen, die sich nach dem Unglück auf dem U-Boot befanden, hatten einfach nichts mehr zu Atmen", erklärt der Moskauer Chemie-Experte Lew Fjodorow. Das Gas Freon hat die Funktion, im Fall eines Brandes den Sauerstoff zu beseitigen.

Eigentlich trägt jeder ein Atemschutzgerät bei sich, mit dem man zehn Minuten überleben kann. Doch offenbar wurde vor dem Einlass des geruchlosen Gases vom U-Boot-Kommandeur die Alarm-Sirene nicht betätigt, so dass die Menschen gar nicht wussten, was geschah. Ein Strafverfahren wegen Fahrlässigkeit mit Todesfolge wurde eingeleitet. Wie Flottenchef Wysotzki mitteilte, war das Tauchboot "technisch vollständig in Ordnung". Die Abteile wurden durchgelüftet. Marinesprecher Dygola: "Besonders möchte ich hervorheben, dass der Antrieb, also der Atomreaktor normal funktioniert. Auch die radioaktive Strahlung liegt im normalen Bereich".

Nach dem Unglück auf dem U-Boot Kursk, bei dem im August 2000 alle 118 Besatzungsmitglieder starben, wurde die russische Rettungstechnik modernisiert. Die Mini-U-Boote Mir 1 und Mir 2, die bis zu 4000 Meter tief tauchen können, wurden auf den neuesten Stand gebracht. Außerdem kaufte Russland in England zwei unbemannte Rettungs-U-Boote der Marke "Scorpio". Doch wie zahlreiche Zwischenfälle in den letzten Jahren zeigen, bleibt das Leben auf den russischen U-Booten gefährlich. Meist waren unsachgemäßes Verhalten des U-Boot-Kommandeurs, mangelhafte Rettungs-Technik und andere technische Fehler die Ursache von Katastrophen. Im September 2006 fiel eine von einem U-Boot gestartete strategische Bulawa-Rakete, die im Rahmen einer Übung eigentlich mehrere tausend Kilometer weit fliegen sollte, wenige Minuten nach dem Start ins Wasser.

Im gleichen Monat brach auf dem Atom-U-Boot Heiliger Daniil ein Brand aus, bei dem zwei Soldaten starben. Im August 2003 sank das Atom-U-Boot K-159 in der Barentssee. An Bord des Schiffes, welches auf eine Werft geschleppt wurde, befanden sich zehn Seeleute. Nur einer der Männer konnte gerettet werden. Die offizielle Version des Kursk-Unglücks im August 2000 ist umstritten. Während der Anwalt der Angehörigen erklärt, die Seeleute hätten noch zwei Tage gelebt und Klopfzeichen gegeben, starben die Soldaten nach dem offiziellen Bericht unmittelbar nach der Torpedo-Explosion. 23 Seeleute waren damals tot geborgen worden. Im Fall Kursk hatte Russland ausländische Hilfe bei der Rettung abgelehnt.

"Thüringer Allgemeine"

Teilen in sozialen Netzwerken
Im Brennpunkt
Bücher
Foto