Turbulente Zeiten
Der russische Ministerpräsident Wladimir Putin fühlte sich als Oberstleutnant des KGB in Dresden an die früheren Jahre der Sowjetunion erinnert. In einem Film erzählt er über die Demonstrationen vor dem Dresdner KGB-Gebäude im Jahr 1989.
MOSKAU. Am 5. Dezember 1989 ging es vor der Dresdner KGB-Zentrale hoch her. Demonstranten hatten bereits die Stasi-Zentrale besetzt. Die wütenden Menschen zogen weiter zur KGB-Zentrale, in der Angelikastraße 4. Die Situation war "turbulent", erinnert sich Wladimir Putin in dem Dokumentarfilm "Stena" ("Die Mauer") des ehemaligen sowjetischen Fernseh-Korrespondenten Wladimir Kondratjew.
Er habe versucht, die Demonstranten zu beruhigen, erinnert sich der spätere Kreml-Chef und heutige Ministerpräsident Russlands. "Ich habe erklärt, dass das Gebäude den sowjetischen Streitkräften gehört. Nach einiger Zeit gingen die Leute." Putin, der von 1985 bis 1990 für den KGB in Dresden arbeitete, hatte damals den Rang eines Oberstleutnants und war vermutlich so etwas wie ein Abteilungsleiter.
Doch nach einigen Berichten deutscher Medien war Putin nicht so friedlich gesinnt, wie er sich heute darstellt. Oberstleutnant Putin soll den Demonstranten sogar mit dem Schusswaffeneinsatz gedroht haben. Doch für diese Behauptung fehlen die Beweise. Bisher sind keine Film- oder Ton-Dokumente über die Episode vor dem KGB-Gebäude aufgetaucht.
Für den CDU-Politiker Arnold Vaatz, der am 5. Dezember an der Besetzung der Stasi-Zentrale in Dresden beteiligt war, ist Putins Darstellung der Ereignisse ein Weihnachtsmärchen. Putin inszeniere sich in dem Film als friedfertiger Held, der die deutsche Teilung schon immer verabscheut habe.
Doch nach den Äußerungen des späteren Kreml-Chefs in dem Dokumentarfilm war Putin schon 1985 klar, dass die Berliner Mauer eigentlich "unnatürlich und irreal" ist, da sie "kein Volk geschützt hat, wie die chinesische Mauer, sondern ein Volk getrennt hat". Möglicherweise deswegen war Putin gegen eine gewaltsame Lösung.
Erstmals äußert sich Putin in dem Film ausführlich über die Stimmungslage in der DDR, Ende der 1980er Jahre. Die Menschen hätten die Realität verweigert und "so gelebt, als ob nichts passiert". ...
"Thüringer Allgemeine"