Turkmenistan wählt neuen Präsidenten
Heute soll offiziell verkündet werden, wer neuer Staatschef des Landes wird. Doch alle kennen ihn längst.
Am Sonntag hatten die Turkmenen das erste Mal in der Geschichte ihres Landes die Möglichkeit, bei der Präsidentschaftswahl zwischen verschiedenen Kandidaten zu wählen. Doch alle sechs Kandidaten gehören der einzigen Partei an, die im Land erlaubt ist. Die Opposition war gar nicht erst zugelassen, im skandinavischen Exil lebenden Oppositionspolitikern wurde die Einreise verweigert.
Die Wahlbeteiligung wurde gestern mit stolzen 98,65 Prozent beziffert, der Sieger wird offiziell heute verkündet – doch jeder kennt ihn längst: Der 49-jährige ehemalige Gesundheitsminister Gurbanguly Berdymuchammedow war einer der engsten Vertrauten des im Dezember an Herzversagen verstorbenen Diktators Sapamurat Nijasow. Unklar bleibt vorerst nur, wohin Berdymuchammedow das Land führen wird. Unmittelbar nach dem Tod von Nijasow hatte er lediglich erklärt, Turkmenistan werde alle seine Gas-Lieferverträge einhalten.Seine fünf Gegenkandidaten waren Bürgermeister und Leiter von Staatsunternehmen, die den Anschein einer demokratischen Wahl erwecken sollten. Berdymuchammedow genießt die Unterstützung des mächtigen Chefs der präsidialen Leibwache, Akmurad Redschepow, und der verschiedenen Clans des Landes.
Diktatorisches Regime
Nijasow – er ließ sich am liebsten „Turkmenbaschi“, Vater aller Turkmenen, nennen, hatte das Land mit knapp fünf Millionen Einwohnern 21 Jahre regiert, zunächst als KP-Chef, dann als Präsident. Um seine Person entfaltete er einen fast religiösen Kult. Sein Regime war eines der repressivsten auf der ganzen Welt. Nijasow persönlich kontrollierte die Deviseneinnahmen aus dem Gasexport. Drei Milliarden Dollar soll der Präsident auf Konten der Deutschen Bank in Frankfurt am Main geparkt haben.
Der im schwedischen Exil lebende Historiker Skhokhrat Kadyrow schätzt ein, Berdymuchammedow werde als Präsident nicht so viel Macht haben wie sein Vorgänger. Damit würde Turkmenistan in Zukunft vermutlich von den verschiedenen einflussreichen Clans des Landes regiert. Berdymuchammedow hat Reformen im Sozial- und Bildungsbereich versprochen. Immerhin sollen zumindest die von Nijasow verfügte Streichung der Renten für 100000 ältere Menschen rückgängig gemacht, Reformen im Bildungswesen eingeleitet und ein freierer Zugang zum Internet ermöglicht werden.
Ulrich Heyden, Sächsische Zeitung