16. February 2009
Afghanistan bleibt ein russisches Trauma
Von Ulrich Heyden, SZ-Korrespondent in Moskau
Die russischen Veteranen haben gestern den 20. Jahrestag des Abzuges der sowjetischen Truppen aus Afghanistan begangen. Zwischen 1979 und 1989 kämpften insgesamt 620000 sowjetische Soldaten am Hindukusch gegen die afghanischen Mudschahedin, die damals von den USA und Pakistan unterstützt wurden.
In der sowjetischen Propaganda hieß es, die sowjetischen Truppen seien den „progressiven Kräften“ in Afghanistan zu Hilfe gekommen. Doch es war ein grausamer Krieg, der nicht nur gegen die Mudschahedin, sondern auch gegen die Zivilbevölkerung geführt wurde, die antikommunistisch eingestellt war. Am 15. Februar 1989 zogen die sowjetischen Truppen nach ihrer militärischen Niederlage unter dem Kommando von General Boris Gromow über die „Druschba“-Brücke ab. Es war ein bewegendes Ereignis, denn der Afghanistan-Krieg hatte eine ganze Generation von sowjetischen Jugendlichen geprägt. Viele mussten an die Front. Manch einer hatte Glück und wurde im Inland eingesetzt.
Heute gibt es in fast jeder russischen Stadt ein Denkmal für die „Kämpfer des Internationalismus“, wie die Afghanistan-Soldaten bis heute heißen. Der Blutzoll war hoch: In den neun Jahren Krieg starben 14453 Angehörige der sowjetischen Armee, im Schnitt vier Soldaten täglich. Heute leben in Russland noch 6000 Kriegsinvaliden. 141 Soldaten werden immer noch vermisst, wie Viktor Aljaskin in der Nowaja Gaseta berichtete.
„Fehler der damaligen Führung“
Der Veteran arbeitet seit Jahren an der Aufklärung des Schicksals der Vermissten. Die Suche ist wegen der Lage in Afghanistan schwer. Immerhin gelang es, einige Daten über die Verschwundenen zu ermitteln. Einige Soldaten gerieten in Gefangenschaft, andere wurden in Massengräbern verscharrt. 22 als vermisst geltende Soldaten kehrten später doch noch nach Russland zurück.
Boris Gromow, jetzt Gouverneur des Umlandes von Moskau, sieht den Einmarsch 1979 heute kritisch. In der Moskauer „Komsomolskaja Prawda“ erklärte er, der Einmarsch der Truppen sei ein Fehler der damaligen Führung der UdSSR gewesen. „Aber unsere Soldaten haben ehrlich und mutig ihre Pflicht erfüllt.“ Heute versucht Gromow, den Afghanistan-Soldaten, von denen viele schon, geschüttelt von Kriegs-Traumata und sozialen Problemen, am Leben verzweifelten, Mut zu machen. Die sowjetischen Soldaten hätten damals eine „progressive Rolle“ gespielt, schreibt der Ex-General in einem Glückwunsch-Telegramm, denn sie hätten Widerstand geleistet „gegen den Vormarsch von internationalem Terrorismus und Drogengeschäft“.
Russland hat sich nach seiner Niederlage in Afghanistan entschieden, nicht mehr militärisch am Hindukusch aktiv zu werden. Putin begründete das mit dem hohen Blutzoll. Offenbar spielte aber auch eine Rolle, dass sich Moskau nicht unter amerikanisches Oberkommando stellen wollte. Inzwischen versucht Russland, die US-Basen aus den zentralasiatischen Republiken zu verdrängen, die Russland als sein Einflussgebiet betrachtet. Vor zwei Wochen gab der Präsident Kirgisiens nach der Zusage eines zwei Milliarden-Dollar-Kredits aus Russland bekannt, man werde den US-Luftwaffenstützpunkt in Manas kündigen.
Russland zeigt sich jedoch an anderer Stelle kooperationsbereit. Wie der Moskauer „Kommersant“ berichtete, einigten sich amerikanische Unterhändler und Vertreter der russischen Regierung Mitte voriger Woche bei Verhandlungen in Moskau über die Nutzung des russischen Territoriums zum Transport nichtmilitärischer Güter für die US-Streitkräfte nach Afghanistan.
"Sächsische Zeitung"
Die russischen Veteranen haben gestern den 20. Jahrestag des Abzuges der sowjetischen Truppen aus Afghanistan begangen. Zwischen 1979 und 1989 kämpften insgesamt 620000 sowjetische Soldaten am Hindukusch gegen die afghanischen Mudschahedin, die damals von den USA und Pakistan unterstützt wurden.
In der sowjetischen Propaganda hieß es, die sowjetischen Truppen seien den „progressiven Kräften“ in Afghanistan zu Hilfe gekommen. Doch es war ein grausamer Krieg, der nicht nur gegen die Mudschahedin, sondern auch gegen die Zivilbevölkerung geführt wurde, die antikommunistisch eingestellt war. Am 15. Februar 1989 zogen die sowjetischen Truppen nach ihrer militärischen Niederlage unter dem Kommando von General Boris Gromow über die „Druschba“-Brücke ab. Es war ein bewegendes Ereignis, denn der Afghanistan-Krieg hatte eine ganze Generation von sowjetischen Jugendlichen geprägt. Viele mussten an die Front. Manch einer hatte Glück und wurde im Inland eingesetzt.
Heute gibt es in fast jeder russischen Stadt ein Denkmal für die „Kämpfer des Internationalismus“, wie die Afghanistan-Soldaten bis heute heißen. Der Blutzoll war hoch: In den neun Jahren Krieg starben 14453 Angehörige der sowjetischen Armee, im Schnitt vier Soldaten täglich. Heute leben in Russland noch 6000 Kriegsinvaliden. 141 Soldaten werden immer noch vermisst, wie Viktor Aljaskin in der Nowaja Gaseta berichtete.
„Fehler der damaligen Führung“
Der Veteran arbeitet seit Jahren an der Aufklärung des Schicksals der Vermissten. Die Suche ist wegen der Lage in Afghanistan schwer. Immerhin gelang es, einige Daten über die Verschwundenen zu ermitteln. Einige Soldaten gerieten in Gefangenschaft, andere wurden in Massengräbern verscharrt. 22 als vermisst geltende Soldaten kehrten später doch noch nach Russland zurück.
Boris Gromow, jetzt Gouverneur des Umlandes von Moskau, sieht den Einmarsch 1979 heute kritisch. In der Moskauer „Komsomolskaja Prawda“ erklärte er, der Einmarsch der Truppen sei ein Fehler der damaligen Führung der UdSSR gewesen. „Aber unsere Soldaten haben ehrlich und mutig ihre Pflicht erfüllt.“ Heute versucht Gromow, den Afghanistan-Soldaten, von denen viele schon, geschüttelt von Kriegs-Traumata und sozialen Problemen, am Leben verzweifelten, Mut zu machen. Die sowjetischen Soldaten hätten damals eine „progressive Rolle“ gespielt, schreibt der Ex-General in einem Glückwunsch-Telegramm, denn sie hätten Widerstand geleistet „gegen den Vormarsch von internationalem Terrorismus und Drogengeschäft“.
Russland hat sich nach seiner Niederlage in Afghanistan entschieden, nicht mehr militärisch am Hindukusch aktiv zu werden. Putin begründete das mit dem hohen Blutzoll. Offenbar spielte aber auch eine Rolle, dass sich Moskau nicht unter amerikanisches Oberkommando stellen wollte. Inzwischen versucht Russland, die US-Basen aus den zentralasiatischen Republiken zu verdrängen, die Russland als sein Einflussgebiet betrachtet. Vor zwei Wochen gab der Präsident Kirgisiens nach der Zusage eines zwei Milliarden-Dollar-Kredits aus Russland bekannt, man werde den US-Luftwaffenstützpunkt in Manas kündigen.
Russland zeigt sich jedoch an anderer Stelle kooperationsbereit. Wie der Moskauer „Kommersant“ berichtete, einigten sich amerikanische Unterhändler und Vertreter der russischen Regierung Mitte voriger Woche bei Verhandlungen in Moskau über die Nutzung des russischen Territoriums zum Transport nichtmilitärischer Güter für die US-Streitkräfte nach Afghanistan.
"Sächsische Zeitung"
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