Anschlag auf tschetschenische Tanzgruppe
Von Ulrich Heyden, SZ-Korrespondent in Moskau
Die Ermittler in der Stadt Stawropol verdächtigen russische Neonazis.
Die Bombe war unter dem Vordach eines Cafés angebracht. Sie explodierte eine Viertelstunde vor dem Auftritt des bekannten tschetschenischen Tanz-Ensembles „Wainach“. Bei dem Anschlag in der südrussischen Stadt Stawropol kamen sieben Menschen ums Leben; 40 weitere wurden verletzt.
Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen eines Terroranschlags. Ein Vertreter des Zentralen Ermittlungskomitees, das parallel zur Staatsanwaltschaft arbeitet, erklärte, man könne nicht ausschließen, dass sich der Anschlag direkt gegen Kaukasier richtete. Für die Tanzvorführung hatten 500 Menschen Karten gekauft. Auf einer neonazistischen Website wurde der Anschlag bereits als Heldentat gefeiert. Nach der Namenliste der Opfer zu urteilen, sei „die Aktion erfolgreich“ gewesen, schrieb ein User.
Bombenbau im Sommerlager
Der Gouverneur von Stawropol, Waleri Gajewski, der nach dem Anschlag an den Ort der Tragödie eilte, sprach von einer „brutalen, noch nie erlebten Provokation“. Sie ziele darauf, „das nationale Gleichgewicht“ in der Region zu zerstören. Im Bezirk Stawropol im Kaukasus-Vorland leben 300000 Menschen, die meisten von ihnen sind Russen. In den letzten Jahren gab es Spannungen zwischen kaukasischen und russischen Jugendlichen. Im Untergrund sind diverse neonazistische Gruppen aktiv.
Die russischen Sicherheitsorgane hätten zwar gelernt, gegen den islamistischen Untergrund im Nordkaukasus zu kämpfen, erklärte Galina Koschewnikowa, Expertin des Analyse-Zentrums Sova. Doch wie man gegen die neonazistischen Gruppen vorgehen soll, die in Sommerlagern den Bombenbau üben, sei den Sicherheitskräften bisher „nicht klar“, erklärte die Expertin, die selbst schon Morddrohungen von Neonazis erhalten hatte.
"Sächsische Zeitung"