3. April 2010

Attentäterinnen von Moskau identifiziert

Von Ulrich Heyden, SZ-Korrespondent in Moskau

Die beiden Attentäterinnen von Moskau sind offenbar identifiziert: Dabei handelt es sich um die 17-jährige Dschennet Abdurachmanowa, die Witwe des getöteten dagestanischen Untergrundkämpfers Umalat Magomedow. Die zweite war die 20-jährige Marcha Ustarchanowa, die Witwe des getöteten tschetschenischen Kämpfers Said-Emin Chisrijew. Nach Angaben des russischen Fernsehens waren die beiden jungen Frauen in Begleitung eines Mannes in einem Reisebus von der dagestanischen Stadt Kislar nach Moskau gefahren.

Scharfe Dolchhiebe

Staatspräsident Dmitri Medwedjew war am Donnerstag überraschend nach Dagestan geflogen. Auf einer Beratung mit Sicherheitskräften und hohen Beamten der Kaukasusrepublik kündigte er „scharfe Dolchhiebe“ gegen die Terroristen an. Der Präsident versprach außerdem die Unterstützung der örtlichen islamischen Geistlichkeit sowie verstärkte Maßnahmen zur Belebung der Wirtschaft in der sozial zurückgebliebenen Region.

Mit der Reise nach Dagestan wollte Medwedjew Stärke und Entschlossenheit demonstrieren. Erst am Dienstag hatte der tschetschenische Rebellenführer Doku Umarow in einem Video dreist erklärt, er persönlich habe den Befehl für die Anschläge in zwei Moskauer Metro-Stationen gegeben. Weitere Attentate würden folgen. Die Bevölkerung Russlands werde den Krieg noch „auf der eigenen Haut spüren“, tönte der Top-Terrorist.

Umarow gilt als besonders grausamer Kämpfer. Der 46-Jährige soll schon in den 90er Jahren an Geiselnahmen mit Lösegeldforderungen und der Tötung von Zivilisten beteiligt gewesen sein. Im Oktober 2007 ernannte sich Umarow selbst zum Oberhaupt eines „Kaukasischen Emirats“. Mit dem gemäßigten Teil der tschetschenischen Separatisten um Ex-Außenminister Ahmed Sakajew kam es zum Zerwürfnis, weil Umarow nicht nur die Führung in Moskau zum Feind der rechtgläubigen Moslems erklärte, sondern auch die USA.

In dem am Dienstag veröffentlichten Video ist der bärtige Umarow in einem Wald zu sehen, in dem gerade die ersten Blätter sprießen. In dem Video stellt sich der Top-Terrorist als Rächer der Armen dar. Die Anschläge in Moskau – so Umarow – hätten „nicht die ärmsten Leute“ getroffen. Der Top-Terrorist versuche den „sozialen Hass“ zwischen dem verarmten Nordkaukasus und dem reichen Moskau für seine Propaganda zu nutzen, schrieb die Kreml-kritische Zeitung „Nowaja Gaseta“.

Akt der Vergeltung

Umarow behauptet, der Anschlag in Moskau sei die Antwort auf eine Operation russischer Sicherheitskräfte am 11. Februar nahe dem Ort Arschti. Dabei hatten russische Sicherheitskräfte vier tschetschenische Kräuter-Sammler getötet. Nach Mitteilung russischer Sicherheitskreise seien die vier getöteten Männer bei einer Schießerei der Sicherheitskräfte mit Untergrundkämpfern zufällig in die Schusslinie geraten.

Der Vorfall in den Bergen von Inguschetien weist auf ein reales Problem hin. Bei der Verfolgung mutmaßlicher Rebellen im Nordkaukasus sind auch viele Unschuldige betroffen. Immer wieder verschwinden junge Männer spurlos, oder man findet sie tot mit Spuren von Folter.

"Sächsische Zeitung"

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