Bild: U. Heyden
Der 34 Jahre alte Physiker Sergej Sibirjakow hielt auf der Protestkundgebung ein Transparent, auf dem gegen die Zusammenlegung der Moskauer Kernforschungsinstitute protestiert wird. Durch die Zusammenlegung der Institute wolle man Kosten sparen, so der Wissenschaftler, der schon in der Schweiz beim Cern gearbeitet hat. Sergej meint, über die 1.000 Euro, die er zurzeit verdient, könne er nicht klagen. Aber durch die Budget-Kürzungen könnten die wissenschaftlichen Mitarbeiter im Kernforschungsbereich in Zukunft nur noch mit einem Grundgehalt von 160 Euro rechnen. Den Rest des Einkommens müsste sich die Wissenschaftler dann durch Lehr- oder Forschungsaufträge selbst organisieren. Doch die Regierung beschränke die Möglichkeiten von Wissenschaftlern, an inländischen Universitäten zu unterrichten, aus Kostengründen immer mehr. Sergej hat zwei Kinder im Alter von drei und zwölf Jahren. Weil auch seine Frau arbeitet, kommt die Familie bisher noch mit dem Geld aus, sagt der Wissenschaftler.
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Die Russische Akademie der Wissenschaften besitzt viele teure Grundstücke und historisch wertvolle Immobilien in den Stadtzentren Russlands. In Moskau ist bereits die Umsiedlung einzelner Institute an den Moskauer Stadtrand im Gespräch. Kritiker befürchten, dass es unweigerlich wieder zu Korruption kommen werde, wenn die neue Kontrollbehörde wertvolle Grundstücke verkaufen sollte. Erinnert wird an den Riesenskandal um die Immobilienverkäufe des Verteidigungsministeriums, weshalb jetzt sogar gegen den ehemaligen Verteidigungsminister Anatoli Serdjukow ermittelt wird.
Igor Michailow, Mitarbeiter des Instituts für Philosophie und Mitorganisator der Protestkundgebung, meinte gegenüber Telepolis: "Wir können nicht ausschließen, dass unsere Aktionen schärfer werden und dass es Streiks geben wird. Aber vielleicht findet die Macht ja einen Ausweg aus der für sie unangenehmen Situation." (Ulrich Heyden)
Veröffentich in: Telepolis