3. April 2012

Der Flug der Ölarbeiter in den Tod

War fehlende Enteisung Ursache für den Flugzeugabsturz in Sibirien?

Von Ulrich Heyden, MZ MOSKAU.

Schon kurze Zeit nach der Katastrophe nicht weit von dem internationalen Flughafen Roschino in Westsibirien begann ein Hubschrauber mit der Bergung der Verletzten. Die Retter hatten jedoch nicht genug Tragen.

Später kamen dann gut ausgerüstete Helfer. Zwölf Schwerverletzte wurden in die Krankenhäuser der Öl-Arbeiter-Stadt Tjumen gebracht. Sie hatten Brüche, Kopf- und Brandverletzungen. 31 Menschen, darunter die vierköpfige Besatzung, überlebten den Absturz unweit des Flughafens nicht. Eine Person hatte Glück im Unglück. Sie erschien nicht rechtzeitig vor dem Abflug am Flughafen.
Das ATR-72-Mittelstreckenflugzeug mit zwei Propellern war vom französisch-italienischen Konsortium Avions de Transport Régional hergestellt und 1992 in Dienst gestellt worden. Wie die Internetzeitung Lifenews.ru berichtete, habe der erst 27 Jahre alte Pilot der Unglücksmaschine vor dem Abflug die Enteisung der Maschine abgelehnt. Möglicherweise sei dies die Unglücksursache gewesen. Tragflächenvereisung war der Grund aller größeren Unfälle der ATR-72 weltweit – zum Beispiel bei einem Absturz 1994 in den USA mit 68 Toten und 2010 auf Kuba mit 68 Toten. Der Fernsehsender NTW berichtete unter Berufung auf Augenzeugen, die beiden Propeller-Triebwerke hätten vor dem Absturz gequalmt. Das Flugzeug soll sich nach links geneigt haben.
Das Unglücksflugzeug der russischen Fluggesellschaft Utair war auf dem Weg in die westsibirische Stadt Surgut. Drei Minuten nach dem Start brach die Funkverbindung zum Tower ab. Sieben Minuten später stürzte das Flugzeug auf ein Feld. Die Unglücksmaschine war vor zwei Jahren in Deutschland technisch überholt worden.
Russland liegt bei Flugzeugabstürzen international immer noch vorn. Das letzte große Unglück ereignete sich im September letzten Jahres, als bei Jaroslawl eine Jak-42 abstürzte. 43 Menschen starben, zwei überlebten den Absturz. An Bord der Chartermaschine befand sich fast die gesamte Mannschaft des bekannten Eishockey-Teams Lokomotive Jaroslawl. Im Juni letzten Jahres starben 47 Menschen beim Absturz einer Tupolew 134 nicht weit vom Flughafen Petrosawodsk. Beide Male sollen Bedienungsfehler der Piloten Ursache für die Abstürze gewesen sein. Experten meinen, die hohe Absturzrate in Russland habe mit den veralteten Flugzeugparks, besonders bei Kurz- und Mittelstreckenflugzeugen, Hubschraubern und Militärmaschinen zu tun. Russische Fluggesellschaften kaufen in den letzten Jahren vermehrt Airbus- und Boeing-Maschinen.
Präsident Dmitri Medwedew sprach den Angehörigen sein Beileid aus. Außerdem kündigte der Präsident an, dass man die Mittel bereitstellen werde, um Schwerverletzte auch in Moskau zu behandeln. Der Gouverneur der Region Tjumen ordnete eine dreitägige Trauer an.

veröffentlicht in: Mittelbayerische Zeitung

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