10. June 2008

Dmitrij Medwedew will mitspielen

Russlands neuer Präsident sieht sein Land als "Global Player"

ULRICH HEYDEN (SN, n-ost). Russlands neuer Präsident Dmitrij Medwedew demonstrierte am Wochenende Härte. Auf dem "Internationalen Wirtschaftsforum" in St. Petersburg kritisierte der neue Kreml-Chef die USA, aber auch IWF und Weltbank. "Einer der entscheidenden Gründe für die aktuelle Krise ist die Diskrepanz zwischen der Rolle der USA in der Weltwirtschaft und den wirklichen Kapazitäten dieses Landes", meinte der neue Kreml-Chef vor 2500 Topmanagern, Präsidenten und Ministern aus aller Welt. Kein Staat, sei er auch noch so mächtig, könne die internationalen Waren- und Finanzmärkte ersetzen.

Russland sei seit langem ein "Global Player". Nun wolle man auch "die Spielregeln mitbestimmen".

Der Preisanstieg für Rohstoffe und Nahrungsmittel zeige, dass die internationalen Lenkungsinstitute "den Anforderungen nicht gewachsen sind". Es sei ein Vakuum entstanden, das Russland jetzt füllen wolle. Medwedew erklärte, Moskau solle zu einem weltweit bedeutenden Finanzzentrum ausgebaut werden.

Der deutsche Finanzminister Peer Steinbrück forderte in St. Petersburg mehr Transparenz im Finanzsektor. "Wir müssen uns international besser auf die Spielregeln einigen." Die Finanzkrise sei noch längst nicht überstanden.

Nachdem Dmitrij Medwedew Russlands Rolle in der Weltwirtschaft skizziert hatte, zeichnete der russische Vizeministerpräsident Igor Schuwalow die Umrisse der zukünftigen russischen Wirtschaftspolitik - und deren erhoffte Ergebnisse. Russland werde bis Ende 2008 zu den sechs größten Wirtschaftsmächten aufsteigen, erklärte Schuwalow. Zu den Hindernissen, die das Wachstum bremsen, erklärte der neue Vizepremier, der als Putin-Berater im Kreml den G8-Gipfel in Heiligendamm vorbereitet hatte, die alte russische Psychologie, den Westen "einzuholen", die übermäßige Orientierung der Wirtschaft auf den Energie-Sektor, veraltete Produktionsmethoden, die "ungesunde Lebensweise" der Russen und "das Streben des Staates, seinen Einfluss zu vergrößern".

Schuwalow versprach, dass die russische Regierung "die überflüssige Einmischung des Staates in die Wirtschaft" begrenzen werde. In nächster Zeit würden sämtliche Beamte in den Staatsunternehmen durch Spezialisten ausgetauscht. Der Staat werde jedoch weiter Unternehmen gründen und zwar in den Bereichen, "wo die Vertreter des Marktes nicht eigenständig handeln können", betonte der Vizepremierminister. Reine Staatsunternehmen gibt es in Russland zurzeit im Finanz- und Versicherungssektor, in der Nano- und Atomindustrie, im Flugzeug- und im Schiffbau.

"Salzburger Nachrichten"

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