Ein Falke auf der Flucht
Georgiens Regierung fordert die Auslieferung des Oppositionellen Irakli Okruaschwili
Weil gegen ihn in seiner Heimat unter anderem wegen Geldwäsche ermittelt wird, ist der ehemalige georgische Verteidigungsminister Irakli Okruaschwili auf Ersuchen der Regierung in Tiflis, die über Interpol seine Festnahme betrieb und seine Auslieferung fordert, am Dienstag in einem Berliner Hotel verhaftet worden. Daran macht sich Kritik fest, denn Staatschef Michail Saakaschwili gilt mittlerweile als umstritten. Okruaschwili hält sich in Deutschland seit Anfang November auf. Seinen ehemaligen politischen Weggefährten Saakaschwili, mit dem er 2003 die Rosenrevolution führte und den damaligen Präsidenten Schewardnadse stürzte, bezeichnet Okruaschwili nun als "modernen Hitler".
Als Generalstaatsanwalt profilierte sich Okruaschwili nach der Rosenrevolution zunächst bei der Verfolgung korrupter Beamter und der Eintreibung von Millionen Dollar Steuerschulden. Im Juni 2004 wurde Okruaschwili Innenminister und im Dezember 2004 Verteidigungsminister.
Was die Beziehungen zu Russland betrifft gelten Okruaschwili wie Saakaschwili als Falken. Trotzdem kam es Ende 2006 zum Bruch zwischen den beiden Heißspornen. Wie Okruaschwili später berichtete, hatte er einen Plan, die abtrünnige Provinz Südossetien "unter minimalen Verlusten" zurückerobern. Der georgische Präsident habe diesem Plan aus "Feigheit" nicht zugestimmt. Am 11. November 2006 setzte Saakaschwili den Verteidigungsminister von seinem Posten ab. Ende September 2007 meldete sich Okruaschwili zurück in der Politik. In einer Talk-Show mit dem inzwischen geschlossenen unabhängigen Fernsehkanal "Imedi" beschuldigte er den georgischen Präsidenten, der Korruption und der Planung eines Auftragmordes gegen einen oppositionellen Geschäftsmann. Der Präsident stecke außerdem hinter dem Tod von Premier Surab Schwanija, der 2005 an einer mysteriösen Gasvergiftung gestorben war. Okruaschwili gründete die Oppositionspartei "Für ein einiges Georgien". Er wurde zu einer der Leitfiguren der Oppositionsbewegung gegen den Präsidenten, der wegen seiner autoritären Politik immer unbeliebter wurde. Saakaschwili ließ indes die Anschuldigungen nicht auf sich sitzen. Wenige Tage nach den TV-Enthüllungen wurde Okruaschwili wegen Korruption verhaftet. Im Gefängnis legte Okruaschwili – offenbar unter Druck – ein Geständnis ab und wurde dann gegen Kaution freigelassen. Unter ungeklärten Umständen verließ er Georgien. Kaum in Deutschland angekommen, widerrief er sein Schuldeingeständnis.
Ekkhard Maas, Chef der Deutsch-Kaukasischen Gesellschaft, kritisierte die Festnahme Okruaschwilis. In Georgien würde den Ex-Verteidigungsminister kein fairer Prozess erwarten, er müsse um sein Leben fürchten. Okruaschwili sei vermutlich "kein Saubermann", aber in diesem Fall werde "Interpol für die machtpolitischen Interessen von Saakaschwili benutzt".
"Märkische Allgemeine"