11. November 2009

Ein russischer Polizist packt aus

Die Vorwürfe waren hart aber unglaublich klangen sie für russische Ohren nicht. Polizei-Major Aleksej Dymowski aus der südrussischen Stadt Noworossisk hat seine Vorgesetzten in mehreren Video-Botschaften schwer beschuldigt. Dass die Polizisten zu ständiger Wochenendarbeit angehalten und ihnen Krankheitstage verweigert werden, gehörte noch zu den geringen Vorwürfen.

Der stämmige Mann mit den blonden Haaren, der jahrelang bei der Kriminalpolizei arbeitete und nach seinen öffentlichen Vorwürfen aus der Polizei entlassen wurde, beschuldigte seine Vorgesetzten auch, untergebene Polizisten, die nicht mehr als 17 000 Rubel (400 Euro) verdienen, zur Korruption anzuhalten, um ihr Gehalt aufzubessern.

Doch damit nicht genug: Dymowski hatte seinen Vorgesetzten auch vorgeworfen, sie würden ihre Untergebenen anhalten, Unschuldigen Straftaten anzuhängen. Damit solle die Statistik zur Aufklärung von Verbrechen „aufgebessert“ werden. Dymowski, der seine erste Video-Botschaft noch in einer Polizei-Uniform vortrug, will den Rang eines Majors angeblich nur deshalb erhalten haben, weil er dafür sorgte, dass ein Unschuldiger im Gefängnis landete. Dabei soll es sich um den Sohn eines Polizeioffiziers gehandelt haben, der einen Konflikt mit dem Vorgesetzten von Dymowski hatte. Ob Dymowski sich tatsächlich selbst strafbar machte, ist bisher allerdings noch unklar. In seiner ersten Video-Botschaft rief Dymowski seine Kollegen dazu auf, ebenfalls an die Öffentlichkeit zu gehen. Der Polizei-Major bat in seiner Botschaft auch mehrmals Ministerpräsident Wladimir Putin um Hilfe.

Der Leiter der Polizei im südrussischen Krasnodar-Bezirk, Sergej Kutscheruk, warf Dymowski vor, die Interessen „dritter Kräfte“ zu verfolgen, „welche die Situation im Land destabilisieren wollen“. Dymowski, dessen Video-Botschaften inzwischen Hunderttausende Russen anklickten, sei ein „Hochstapler“. Ein ominöser „Sicherheitsdienst“ des Innenministeriums hatte gar behauptet, Polizeimajor Dymowski agiere im Auftrag eines westlichen Geheimdienstes.

Dymowski hatte sich in den letzten Tagen nach Moskau durchgeschlagen. Die Bevölkerung hat nur wenig Vertrauen in die Polizei. Wer kann, regelt seine Probleme ohne sich an die Polizei zu wenden, denn die Ordnungshüter gelten gemeinhin als bestechlich. Die russischen Politiker konnten die Vorwürfe von Dymowski deshalb auch nicht einfach zurückweisen.

Ulrich Heyden, Moskau

"Südkurier"

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