Tänzer und Sängerinnen in Bajkit – Anna Kusenko dritte von rechts
© Ulrich Heyden
Aktiv für die Kultur der Ewenken
Am Flughafen von Bajkit schloss mich Anna Kusenko in die Arme. Meine Kollegen wunderten sich über die herzliche Begrüßung dieser für sie fremden Frau. Ich erklärte ihnen, dass ich Anna 2002 kennenlernte, als ich auf eigene Faust nach Bajkit geflogen war. Die kleinen Völker Russland hatten mich schon damals interessiert.
Der Mann von Anna, Valeri, 2002 Assistent des Bürgermeisters, hatte mich damals von dem kleinen Flughafen in Bajkit abgeholt. Man hatte ihm gesagt, am Flughafen sei ein Ausländer, der im Ort niemanden kenne.
Valeri bot mir damals an, bei seiner Familie zu wohnen. Anna und Valeri wohnten in einem Reihenhaus aus Holz mit hölzerner Gemeinschaftstoilette auf dem Hof. Als ich sie das zweite Mal besuchte, hatten sie schon ein eigenes Haus mit mehreren Zimmern und einem Badezimmer.
Mit Anna und Valeri fuhr ich 2002 fünfzig Kilometer auf dem Tunguska-Fluss, durch eine menschenleere Gegend zu einem Kinderlager, welches Anna in der Wildnis organisiert hatte. Anna ist Ethnologin. Sie hatte wie Angehörige der nördlichen Völker in St. Petersburg an einem Spezial-Institut für die Völker studiert.
In dem Kinderlager wurden die Kinder in der ewenkischen Kultur unterrichtet. Sie malten Szenen aus dem Leben der Ewenken und lernten, wie man eine Vorratskammer aus Holz auf zwei Meter hohen Holzstämmen baut, damit die wilden Tiere sie nicht plündern können.
Als ich Anna das letzte Mal sah, war sie Koordinatorin von sieben Kultur-Clubs in ewenkisch-russischen Dörfern. Ihr Engagement für die ewenkische Kultur führte sie 2019 sogar nach Genf auf einen UNO-Kongress der kleinen Völker.
Anfang der 1990er Jahre gab es unter vielen kleinen Völkern Russlands so etwas wie eine Aufbruchstimmung. Man besann sich auf die eigene Kultur und trat selbstbewusst auf. In den 1990er Jahren gab es allerdings auch Arbeitslosigkeit und sozialen Verfall. 2002 sah ich viele Alkoholiker, die in Holzhäusern vor sich hinvegetierten. Alkoholiker sah ich bei meiner zweiten Reise nicht mehr. Aber für eine gründlichere Recherche reichte die Zeit nicht.
Aus dem autonomen Gebiet wurde ein Rayon
Bis zur Kolonisierung Sibiriens durch das Zarenreich im 17. Jahrhundert lebten in Ost-Sibirien die Ureinwohner, das waren neben den Ewenken auch Jakuten, Burjaten und andere ... (Weiterlesen in die Krähe Nr. 9)
veröffentlicht in: Die Krähe (Wien) Nr. 9, 2024