General Tristan Zitelaschwili, Alexander Rewasischwili und Koba Nergadse. Bild [12]: Sputnik/Stringer
Das Alles klingt nach einer perfekten Verschwörungstheorie. Es tauchen Fragen auf. Wie kann es sein, dass sich die Scharfschützen nach drei Jahren noch an zahlreiche brisante politische Details und Namen von Politikern erinnern? Warum haben sie bisher geschwiegen?
Grund für die Bereitschaft der georgischen Scharfschützen jetzt auszusagen, ist nach Meinung von Sputnik ein Konflikt zwischen Saakaschwili und dem georgischen General Tristan Zitelaschwili, der die Spezialeinheit "Panter" leitete. Der General sei zum "persönlichen Feind" von Saakaschwili geworden, weil dieser ihn für die Niederlage im "Fünf-Tage-Krieg" zwischen Georgien und Russland im Jahre 2008 verantwortlich machte. Das Haus des Generals sei gestürmt worden. Man habe von ihm verlangt, "fiktiv zuzugeben", dass es eine "Verschwörung der Generäle" gegeben habe, weshalb Georgien den Krieg gegen Russland 2008 verlor. Zitelaschwili meint, seine ehemaligen Untergebenen hätten Angst, als Augenzeugen eines Verbrechens liquidiert zu werden. Das klingt nachvollziehbar.
Einen hundertprozentigen Beweis, dass georgische Scharfschützen auf dem Maidan auf Demonstranten und Polizisten schossen, müsste jedoch von einem ukrainischen Gericht geprüft werden. Doch die durch einen Putsch an die Macht gekommene Regierung in Kiew hat bisher alles dafür getan, die Ermittlungen zu den Maidan-Toten zu verzögern. Wichtige Beweise - wie Waffenlisten der Polizei und Waffen - sind nicht mehr auffindbar.
Demnach kann nur ein internationales Gericht oder eine internationale Gruppe renommierter Juristen der Wahrheit näher kommen. Sollte der ukrainische Präsident Petro Poroschenko irgendwann einmal sein Amt verlieren und die Macht im Staat würde nicht in die Hände von Ultranationalisten fallen, würden die Chancen für eine Aufklärung sicher steigen.
Nun könnte man einwenden, die Bekenntnisse der georgischen Scharfschützen könnten Präsident Poroschenko im Streit mit Saakaschwili nützen und seien von ihm "bestellt". Doch tatsächlich schaden die Aussagen der georgischen Scharfschützen Poroschenko - dem Nutznießer des Umsturzes im Februar 2014 - und Saakaschwili - der nach der Macht in der Ukraine greift - gleichermaßen.
Als die georgischen Scharfschützen im November 2017 auspackten, hatte das in der Ukraine natürlich für einige Aufregung gesorgt. Für Saakaschwili, der damals gerade begann, mit Protestdemonstrationen gegen den amtierenden Präsidenten Poroschenko eine neue Maidan-Bewegung aufzubauen, kamen die Aussagen der georgischen Scharfschützen denkbar unpassend, präsentierte er sich den mit ihrem Präsidenten unzufriedenen Ukrainer doch als unbefleckter Reformator und unbestechlicher Gegner eine Oligarchen-Herrschaft.
Als der ukrainische Rada-Abgeordnete Vadim Rabinowitsch am 15. November 2017 in einer Talk-Show des Kiewer Fernsehkanals NewsOne eine persönliche Erklärung an die ukrainische Staatsanwaltschaft verlas (Video [13]), versuchte Saakaschwili den Politiker mit Schreien "russischer Agent, russischer Agent" zu übertönen. Doch Rabinowitsch las unerschüttert und mit kräftiger Stimme: "Der georgische General Tristan Zitelaschwili hat erklärt, dass die Scharfschützen, die auf dem Maidan schossen, zu Saakaschwili gehörten."
Die von dem italienischen Fernsehkanal im November veröffentlichte Dokumentation war so brisant, dass sogar die ARD-Tagesschau es für nötig hielt, Stellung zu nehmen. Zwei Wochen nach der Sendung des italienischen Dokumentarfilms - man beachte die lange Denkpause - erklärte [14] die ARD-Kaukasus-Expertin Silvia Stöber, für die Behauptung eines "angeblichen georgisch-amerikanischen Komplotts" unter Beteiligung von Ausländern, auch eines Amerikaners, "fehlen die Belege".
Einen Grund, von der ukrainischen Regierung nun verstärkt Aufklärung zu fordern, sah die "Tagesschau"-Expertin nicht.
Ulrich Heyden
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[2] http://en.interfax.com.ua/news/general/481622.html
[3] http://www.video.mediaset.it/video/matrix/servizi/esclusivo-guerra-in-ucraina-le-verita-nascoste_776854.html
[4] https://www.heise.de/tp/features/Maidanmorde-Drei-Beteiligte-gestehen-3893551.html
[5] https://www.youtube.com/watch?v=_hFn3cB9eaE
[6] https://www.heise.de/tp/features/Angeblicher-georgischer-Scharfschuetze-Wir-waren-schon-im-Maerz-2013-in-Kiew-3912376.html
[7] https://de.sputniknews.com/politik/20180214319535542-maidan-verantwortlichen-proteste-gefechte-usa-eu-janukowitsch-gewalt-saakaschwili-putsch-paschinski-parasjuk-russland-georgien/
[8] https://sputniknews.com/europe/201802151061669056-georgian-snipers-maidan-evidence-saaksashvili/
[9] https://ria.ru/world/20180214/1514476355.html
[10] https://www.youtube.com/watch?v=kl6RUgAMaiA
[11] https://svpressa.ru/society/article/85332/
[12] https://de.sputniknews.com/politik/20180214319535542-maidan-verantwortlichen-proteste-gefechte-usa-eu-janukowitsch-gewalt-saakaschwili-putsch-paschinski-parasjuk-russland-georgien/
[13] https://www.youtube.com/watch?v=yevRmUzpA6w
[14] http://faktenfinder.tagesschau.de/ausland/proteste-maidan-101.html
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veröffentlicht in Telepolis