14. February 2007

Neue Milliardenklage gegen Ex-Jukos-Chef Chodorkowski

Der Unternehmer soll sich durch Geldwäsche enorm bereichert haben. Sein Anwalt nennt die Vorwürfe verrückt.

Der inhaftierte russische Ölmilliardär Michail Chodorkowski und sein Geschäftspartner Platon Lebedew sind formell der Geldwäsche beschuldigt worden. Beide verbüßen im sibirischen Tschita eine achtjährige Haftstrafe wegen Betrugs und Steuerhinterziehung.

Nun wird ihnen vorgeworfen, mehr als 15 Milliarden Euro durch Geldwäsche auf ihre Privatkonten geleitet zu haben.Chodorkowskis Anwalt Juri Schmidt bezeichnete die Vorwürfe als „nicht nur absurd, sondern verrückt. Wer immer sie verfasst hat, ist entweder wahnsinnig oder betrunken.“ Chodorkowski war bis zu seiner Festnahme im Oktober 2003 und seiner anschließenden Verurteilung in einem ersten Prozess 2004 einer der reichsten Männer Russlands. Inzwischen ist sein Jukos-Konzern an eine Staatsfirma transferiert worden. Chodorkowskis Fall gilt als Strafmaßnahme des Kremls dafür, dass er Oppositionsparteien unterstützte und eigene politische Ambitionen zeigte. Zudem soll es dem Staat darum gegangen sein, die Kontrolle über den Ölsektor zurückzugewinnen.

Buch findet wenig Echo

Der russische Journalist Waleri Panjuschkin hat unterdessen das erste Buch über den ehemaligen Jukos-Chef vorgelegt. In Russland erschien es unter dem Titel „Gefangener der Stille“ – ohne besonderes Echo. Die staatsnahen Medien haben Chodorkowski als eigennützigen Steuersünder abgeurteilt.Panjuschkin stand zwar im Briefwechsel mit dem Inhaftierten und entlockte dem ehemaligen Unternehmer so manch interessanten Satz, doch die Stärke des Buches liegt nicht in der Beschreibung der Person Chodorkowski, sondern in der eindrucksvollen Geschichte des Unternehmens Jukos, das Chodorkowski 1995 hoch verschuldet kaufte und zu einem der weltweit größten Energiekonzerne aufbaute.Chodorkowski war von dem Gedanken der Effektivität beseelt. Alles was einem effektiven Unternehmen im Weg stand, veraltete Gesetze, kaukasische Banditen, schmiergeldhungrige Bürokraten, räumte er beiseite oder überging er. 1995 erwarb Chodorkowski das staatliche Öl-Unternehmen.Die Rechtmäßigkeit des Jukos-Erwerbs „war unter der damals herrschenden Gesetzlosigkeit gegeben“, schreibt der Autor. Die Firma bekam man jedoch nur, „wenn man seinem Herrn (Boris Jelzin, Anm. d. Autors) persönlich ergeben war“. Die Ergebenheit musste man beweisen, „indem man unehrliche Wahlen finanzierte“, so die nüchterne Analyse des Autors.Als der Jukos-Chef 1999 beschloss, das Unternehmen nach westlichen Maßstäben zu führen und die Buchhaltung transparent zu machen, sei es fast „langweilig“ geworden. Die Aufbauarbeit um den Konzern hat Chodorkowski hart gemacht. „Es gab nur zwei Alternativen“, so erinnert sich der Öl-Magnat, „entweder auf die Knie zu fallen oder ins Gefängnis zu gehen.“ Auf die Knie zu fallen, sei schon deshalb nicht möglich gewesen, so der ehemalige Yukos-Chef, weil Platon Lebedew, mit dem ihm eine tiefe Freundschaft verband, bereits im Gefängnis saß.Auf die Frage, warum sich Chodorkowski nicht wie andere Oligarchen mit dem Kreml unter Putin arrangierte, gibt das Buch keine Antwort. Vielleicht aus gutem Grund.

Sächsische Zeitung

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