Neuer Platz für Kriegerdenkmal
Das am Freitag unter Protesten demontierte Sowjet-Denkmal in Tallin soll bereits am 8. Mai an einem neuen Standort eingeweiht werden.
In Estland kommt es immer noch zu Protesten von Seiten der russischen Minderheit gegen den Abbau des sowjetischen Weltkrieg-Denkmals. Bei dem 1947 aufgestellten Denkmal handelt es sich um einen etwa zwei Meter hohen trauernden Rotarmisten, der seinen Helm in der Hand hält. Er stand bisher an einem Platz, wo sowjetische Soldaten, die Tallin im September 1944 von der Hitler-Wehrmacht befreiten, begraben liegen.
Das estnische Außenministerium teilte gestern mit, dass der "Bronzene Soldat" in den nächsten Tagen auf dem Militärfriedhof von Tallin wiederaufgestellt und am 8. Mai im Beisein von Vertretern der Anti-Hitler-Koalition (Russland, USA, England, Frankreich) feierlich eingeweiht werden soll. Der "bronzene Soldat" sei heil und unversehrt und wurde nicht wie von russischer Seite behauptet in Stücke gesägt. Der Platz, wo das Soldatendenkmal stand, ist für die Öffentlichkeit derzeit nicht einsehbar. Dort wurde ein Zelt aufgebaut. Unter dessen Schutz graben Bagger nach 14 sowjetischen Soldaten, die dort begraben liegen sollen.
Nach den Unruhen, die am Donnerstag begannen, blieb es in der estnischen Hauptstadt Tallin am Wochenende ruhig. Dafür gab es Proteste in anderen vorwiegend von Russen bewohnten Städten im Nordosten des Landes. In Narva feuerte die Polizei bei einer Straßendemonstration angeblich Warnschüsse in die Luft ab. 150 russische Demonstranten wurden festgenommen. In Tallin waren in den vergangenen Tagen 1000 Personen verhaftet worden. Sie wurden in einer Lagerhalle am Hafen untergebracht. Gestern befanden sich noch 46 Personen in Polizeigewahrsam.
Als die Demontage-Arbeiten für den "Bronzenen Soldaten" begannen, kam es in Tallin zu Protesten und schweren Plünderungen durch Jugendliche der russischen Minderheit. Ein 19-jähriger Russe war unter noch ungeklärten Umständen getötet worden.
Das Denkmal ist seit Jahren innenpolitischer Zankapfel. Nach einer Umfrage sind 49 Prozent der Bevölkerung gegen den Abbau des Denkmals. Unter den Esten - für die das Denkmal Symbol der 50-jährigen sowjetischen Okkupation ist - sind 50 Prozent für den Abbau, unter den Russen sind überwältigende 86 Prozent dagegen.
Der plötzliche Gewaltausbruch ist offenbar auch ein Ergebnis der ungenügenden Integration der Russen. Von 1,3 Millionen Bürger Estlands sind 337 000 Russen. Nur knapp die Hälfte hat die estnische Staatsangehörigkeit, die nur über ein besonderes Verfahren inklusive Sprachtest zu erlangen ist.
Am Sonnabend telefonierte die EU-Ratspräsidentin Angela Merkel mit Wladimir Putin und dem estnischen Regierungschef Andrus Ansip. Sie appellierte an beide Seiten, jegliche Eskalation zu vermeiden.
Thüringer Allgemeine