Neuer Verdacht im Fall Politkowskaja
Von Ulrich Heyden, SZ-Korrespondent in Moskau
Fünf Jahre nach dem Mord an der Journalistin Anna Politkowskaja wurde der vermutliche Organisator der Bluttat festgenommen.
Im Mordfall Anna Politkowskaja gibt es wieder Bewegung. Am Dienstag gab das russische Ermittlungskomitee die Verhaftung von Dmitri Pawljutschenkow bekannt. Der ehemalige Oberstleutnant der Polizei soll den Mord-Anschlag auf die bekannte russische Journalistin organisiert und das Geld für den Mord von einem Auftraggeber in Empfang genommen haben.
Politkowskaja, die für die Novaya Gazeta aus dem Tschetschenien Krieg berichtete und in ihren Beiträgen Moskau-loyale Tschetschenen schwerer Menschenrechtsverletzungen beschuldigte, war am 7. Oktober 2006 im Lift ihres Wohnhauses mit fünf Schüssen hinterhältig getötet worden.
Der stellvertretende Chefredakteur der Novaya Gazeta, Sergej Sokolow, erklärte gegenüber der Internetzeitung gazeta.ru, seine Zeitung, habe parallel zu den staatlichen Ermittlungen eigene Untersuchungen durchgeführt. So könne er bestätigen, dass der jetzt Festgenommene ehemalige Oberstleutnant der Polizei „einer der Organisatoren“ des Mordes an der Journalistin war. Fraglich sei aber, ob man aber jemals den Namen des eigentlichen Auftraggebers erfahre.
350000 Dollar Erpressergeld
Der jetzt festgenommene Pawljutschenkow war 2006 noch Leiter der operativen Aufklärungsabteilung der Moskauer Innenbehörde. Er soll für die Ermordung von Politkowskaja eine kriminelle Vereinigung gegründet haben, zu der die drei tschetschenischen Brüder Machmudow gehörten. Einer der Brüder, der 38-jährige Rustam Machmudow, wurde im Mai dieses Jahres im Haus seiner Eltern in Tschetschenien festgenommen. Er soll die fünf tödlichen Schüsse auf Politikowskaja abgegeben haben.
Pawljutschenkow hatte einst einen ehemaligen Mitarbeiter der Innenbehörde wegen Erpressung angezeigt. Der wurde tatsächlich wegen Erpressung von 350000 Dollar zu acht Jahren Arbeitslager verurteilt. Bei dem erpressten Geld handelt es sich nach Meinung der Novaya Gazeta möglicherweise um den „Lohn“ für den Mord an Anna Politkowskaja.
veröffentlicht in: Sächsische Zeitung