Noch schweigt der Kreml zur Bandera-Ehrung
Von Ulrich Heyden, SZ-Korrespondent in Moskau
Der Nationalist ließ 1941 einen ukrainischen Separatstaat ausrufen. Nun ist er „Held der Ukraine“.
Noch einmal gelang es Viktor Juschtschenko, die öffentliche Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Der ukrainische Staatschef, der bei den Präsidentschaftswahlen am 17. Januar nur etwas mehr als fünf Prozent der Stimmen bekommen hatte, ernannte den ukrainischen Nationalisten Stepan Bandera zum „Helden der Ukraine“.
Bandera stand an der Spitze der Organisation ukrainischer Nationalisten (OUN). Nachdem die Wehrmacht Polen besetzt hatte, nahm Bandera Kontakt zur deutschen militärischen Abwehr auf. Er machte sich Hoffnungen, mithilfe der Hitler-Wehrmacht einen unabhängigen ukrainischen Staat aufzubauen. Die OUN und die Nazis verband der Hass auf die Juden. Angehörige des ukrainischen Freiwilligen-Bataillons „Nachtigall“ waren am 30. Juni 1941 in Lemberg an einem Massaker beteiligt, bei dem 7000 Juden und Kommunisten umgebracht wurden. Am gleichen Tag ließ Bandera einen ukrainischen Separatstaat ausrufen. Doch von so einem Staat wollte Hitler nach anfänglichem Interesse nichts wissen.
Anschlag mit Blausäure
Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges lebte der ukrainische Nationalist in der Bundesrepublik. In München wurde ihm im Oktober 1959 von dem KGB-Agenten Bogdan Staschynskij eine Blausäure-Lösung ins Gesicht gespritzt, an der Bandera starb. Im Westen der Ukraine hat Bandera bis heute viele Anhänger. In Lemberg steht ein Bandera-Denkmal. Der Kreml schweigt bisher zu der umstrittenen Ehrung. Offenbar will man den Schritt des scheidenden Präsidenten nicht unnötig aufwerten.
"Sächsische Zeitung"