Russland befürwortet die Global- Zero-Initiative nur halbherzig. Denn solange Moskau Washington bei den nichtnuklearen strategischen Präzisionswaffen technologisch haushoch unterlegen ist, gibt es aus russischer Sicht – trotz anderslautender öffentlicher Bekundungen – wenig Anreiz, das eigene Atomwaffenarsenal auf null zurückzufahren. Wie kann man auf eine Stärkung der Nichtverbreitung von Atomwaffen setzen, „wenn diese in den Augen vieler Länder das einzige Allheilmittel gegen das Riesenarsenal hochtechnologischer, kluger Waffen in den Händen der USA und der Nato sind?“, fragt der Chefredakteur der Zeitschrift „Internationales Leben“, Armen Oganesjan.
Dass das Misstrauen Moskaus gegenüber Washington immer noch hoch ist, zeigt auch die Anfang Februar veröffentlichte neue russische Militärdoktrin, wonach die Nato-Ausdehnung bis an die Grenzen Russlands als „Gefahr“ gesehen wird. Als weitere Gefahren werden aufgezählt: die US-Raketenabwehr, die Militarisierung des Weltraums, Territorialansprüche und die Einmischung in die inneren Angelegenheiten Russlands und seiner Verbündeten. Laut Juri Balujewski, dem stellvertretenden Sekretär des russischen Sicherheitsrats, gibt es vonseiten Japans, Lettlands und Estlands Territorialansprüche gegen Russland.
Im Unterschied zu der bisher gültigen Doktrin wurden die Aussagen zum Erstschlag leicht abgeschwächt. Russland droht damit jetzt nur noch, „wenn die gesamte Existenz des Staates bedroht ist“. Wie bisher reklamiert es auch das Recht für sich, Atomwaffen „als Antwort“ auf den Einsatz von Massenvernichtungsmitteln gegen die Russische Föderation oder einen ihrer Verbündeten einzusetzen.
Die Vereinigten Staaten müssten den Bekundungen für eine atomwaffenfreie Welt jetzt Taten folgen lassen, fordert Viktor Jesin, Chef der russischen Raketenstreitkräfte. Deshalb müsse Washington jetzt den ersten Schritt machen und die in Europa stationierten taktischen Atomwaffen abziehen.