8. February 2008

Polnischer Premier in Moskau - "Ende der Kälte"

Russland und Polen hätten "von der Athmosphäre der Kälte" genug, erklärte der polnische Premier Donald Tusk bei einem Treffen mit Putin im Kreml. Auch der russische Präsident machte auf Schönwetter: Bei guten Wirtschaftsbeziehungen lasse sich „jedes Problem lösen“.

Donald Tusk biss sich nervös auf die Unterlippe. Schließlich konnte er sich ein Lächeln nicht verkneifen. Sein russischer Amtskollegen Viktor Subkow hatte erklärte, man werde die „konstruktiven Einwendungen“ der „polnischen Kollegen“ zur geplanten Ostseepipeline selbstverständlich anhören. Die Pipeline sei aber „ein gesamteuropäisches Projekt“ welches „der Energiesicherheit des ganzen Kontinents“ diene. Das Projekt werde „zu seinem logischen Ende geführt“. Warschau hatte die Ostseepipeline als Versuch kritisiert, über den Kopf Polens Politik zu machen. In Polen zog man sogar die Parallele zum Molotow-Ribbentropp-Pakt von 1939.

In Moskau wollte Tusk den polnischen Alternativ-Vorschlag zur Ostseepipeline präsentieren, die sogenannte „Bernstein-Pipeline“. Sie soll über das Territorium der baltischen Staaten und Polen verlaufen und nur 2,4 Mrd. Milliarden Euro kosten. Die Ostseepipeline kostet dagegen 12 Milliarden. Schon vor dem Eintreffen von Tusk in Moskau hatte Putins Berater Sergej Prichodko erklärt, die „Bernstein-Pipeline“ sei keine seriöse Alternative. Sie vergrößere die Zahl der Transit-Länder „was für unser Konzept nicht vorteilhaft ist.“

Nach dem Treffen mit seinem russischen Amtskollegen Subkow und dem russischen Vizepremier Dmitri Medwedjew erklärte Tusk laut Kreml-Protokoll, die Gespräche hätten "sehr anschaulich gezeigt, dass beide Seiten von der Athmosphäre der Kälte genug haben." Zu konkreten Vereinbarungen kam es jedoch noch nicht.

Auch Putin machte auf Schönwetter und behauptete, die Probleme zwischen Russland und Polen hätten rein wirtschaftliche und keine politischen Gründe. Bei guten Wirtschaftsbeziehungen lasse sich „jedes Problem lösen“. Mit einem Handelsvolumen von 17 Milliarden Dollar gehöre Polen zu den „zehn wichtigsten Handelspartnern“ Russlands.

Es begann mit der „orangenen Revolution“

Dass Tusk noch vor seinem Besuch in Washington nach Moskau kam – die Reise in die USA ist für den 10. März geplant -, wurde in der russischen Hauptstadt mit Genugtuung registriert.

Der Ärger zwischen Polen und Russland begann mit Warschaus Unterstützung für die orangene Revolution in der Ukraine im Jahre 2004. Das war noch vor dem Machtantritt der Kaczynski-Brüder.

Moskau hatte im November 2005 ein Importverbot für polnischen Fleisch verhängt. Angeblich hatte das Fleisch aus Polen nicht die vorgeschriebene Qualität. Polen hatte im Gegenzug ein Jahr später durch seine Veto-Drohung die Verhandlungen über einen neuen Grundlagenvertrag zwischen Russland und der EU zum Platzen gebracht.

Mit den Plänen für die Stationierung amerikanischer Abwehrraketen in Polen kühlte das Verhältniss zwischen beiden Ländern weiter ab. Die Abwehrraketen sollen sich gegen Schurken-Staaten richten, doch Moskau fühlt sich selbst bedroht und spart nicht mit Warnungen. Der russische Generalstabschef Juri Balujewski erklärte, Polen werde im Fall der Stationierung von US-Abwehr-Raketen zum Ziel russischer Raketen werden. Russische Militär-Experten denken inzwischen auch laut darüber nach, als Antwort auf die US-Pläne, Iskander-Raketen im Gebiet Kaliningrad (dem ehemaligen Königsberg) zu stationieren.


Kranz am Denkmal des Stalin-Terror


Mit dem Wahlsieg von Tusk im November hatte sich die Beziehungen zwischen Warschau und Moskau verbessert. Der Streit um die polnischen Fleischexporte nach Russland wurde beigelegt. Warschau erklärte, die Verhandlungen über ein Partnerschaftsabkommen zwischen Russland und der EU nicht weiter zu blockieren. In den EU-Gremien hat Polen das Veto jedoch noch nicht zurückgenommen, offenbar wegen dem Streit um die Ostseepipeline, die nach Meinung von Warschau die Energiesicherheit untergräbt.

Vor seinem Moskau-Besuch hatte Tusk in einem Interfax-Interview erklärt, er wolle die Beziehungen zur Russland verbessern und alles dafür tun, dass die polnisch-amerikanische Vereinbarung über die Raketenabwehr bei dritten Ländern „keine Zweifel auslöst“. Deshalb verhandele man mit russischen Experten. Die Verhandlungen mit den USA seien im Übrigen noch nicht abgeschlossen.

Wladimir Gutnik vom Moskauer Institut für Weltwirtschaft erklärte gegenüber der Internetzeitung Gazeta.ru, er erwarte von den Gesprächen des polnischen Premier in Moskau einen Kompromiss. “Wir werden keine Sanktionen beschließen als Antwort auf ihre Bereitschaft auf ihrem Territorium die Raketenabwehr zu stationieren und Polen wird den Bau der Gaspipeline nicht stören und Spannungen in den Handelsbeziehungen vermeiden.“ Im Verlauf seines Moskau-Besuchs wollte der polnische Premier Kränze am Grabmal des unbekannten Soldaten und am Denkmal für die Opfer des Stalin-Terrors niederlegen. Außerdem wollte sich der polnische Gast mit Vertretern gesellschaftlicher Organisationen treffen.

copyright by Ulrich Heyden Moskau 2008, Veröffentlichung nur nach Rücksprache mit dem Autor

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