Putin malt eine rosige Zukunft
Der noch-Premier gibt sich bereits präsidial und lässt mit sich reden
Von Ulrich Heyden, MZ
Moskau. Und wieder hat Wladimir Putin, der im Mai sein Amt als Präsident antritt, dazugelernt. In der Debatte über seinen Rechenschaftsbericht, den der Noch-Premier, jetzt in der Duma vortrug, stützte er immer wieder den Kopf auf den Arm und machte ein nachdenkliches Gesicht. Dann sagte er so Sätze wie, „das müssen wir gemeinsam ausprobieren“.
So müsse man eine Regelung schaffen, dass bei der Wahl der Gouverneure, die in Zukunft wieder vom Volk gewählt werden sollen, nicht ehemalige Kriminelle und Nationalisten kandidieren. Nachdem die russische Protestbewegung „für ehrliche Wahlen“ in den Wintermonaten für viel Aufregung gesorgt hat, gibt sich Putin nun als nachdenklicher Mann, mit dem man reden kann.
Doch mit dem neuen Image klappt es nicht ganz. Die Abgeordnete Jelena Drapeko, von der Partei Gerechtes Russland, fragte Putin nach seiner Position zu dem bereits seit drei Wochen andauernden Hungerstreik von 18 Bürgern in der südrussischen Stadt Astrachan. Mit dem Hungerstreik protestieren Aktivisten dort gegen offensichtliche Wahlfälschungen bei den Bürgermeisterwahlen am 4. März. Putin antwortete, die Teilnehmer der Aktion hätten sich vor dem Hungerstreik mit ihrem Anliegen an ein Gericht wenden müssen.
Erhöhte Sicherheitsvorkehrungen
Teilnehmer und Initiator des Hungerstreiks ist das ehemalige Mitglied der Duma-Fraktion von Gerechtes Russland, Oleg Schein. Er sieht sich als Sieger der Bürgermeisterwahl, hat aber nach den offiziellen Zahlen nur 29 Prozent der Stimmen bekommen. Sein Herausforderer, der amtierende Bürgermeister, Michail Stoljarow, welcher der Kreml-Partei Einiges Russland angehört, bekam 60 Prozent der Stimmen. Erst am Dienstag hat die zentrale Wahlkommission die Webcam-Videos aus den Wahllokalen im Internet freigeschaltet. Der Auftritt von Putin in der Duma fand unter erhöhten Sicherheitsvorkehrungen statt. Vor dem Parlamentsgebäude wurde Sergej Udalzow, der Leiter der Linken Front, und andere Aktivisten vorübergehend von der Polizei festgenommen.
Was Putin nicht sagte
In seinem Rechenschaftsbericht zeichnete Putin erwartungsgemäß ein positives Bild der Entwicklung in Russland. Während die Wirtschaftskrise in der EU „chronische Formen“ angenommen habe, gäbe es in Russland eine „positive Dynamik.“ Russlands Staatsverschuldung betrage nur zehn Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Bereits im letzten Jahr habe das Bruttoinlandsprodukt mit umgerechnet 1,07Billionen Euro das Volumen aus der Zeit vor der Finanzkrise 2008 übertroffen. Mit einem Wirtschaftswachstum von 4,3 Prozent stehe Russland im internationalen Vergleich gut da. Der Anteil der in Russland produzierten Autos am Gesamtverkauf auf dem Automarkt sei von 40 auf 70 Prozent gestiegen. Putin erwähnte aber nicht, dass es sich bei den in Russland produzierten Autos zum großen Teil lediglich um die Endmontage von Fahrzeugen ausländischer Hersteller handelt.
In der Debatte äußerte der KP-Chef, Gennadi Sjuganow, Zweifel, ob die Wahlversprechen von Putin bei dem stark gekürzten russischen Haushalt eingehalten werden können. Anstatt der von Präsident Medwedew versprochenen Modernisierung, sei die Rohstoffabhängigkeit der russischen Wirtschaft seit 2004 von 30 auf 50 Prozent gestiegen. Mittelbayerische Zeitung