4. August 2007

Putin verstärkt Kampf gegen die Korruption

Der russische Präsident weist die Bildung einer Ermittlungsbehörde mit 16000 Mitarbeitern an.

Die Bezeichnung klingt bürokratisch: „Ermittlungskomitee“ heißt eine neue Behörde, deren Gründung der russische Präsident Wladimir Putin angeordnet hatte. Das Komitee, das den Großteil der strafrechtlichen Ermittlungsarbeit übernehmen soll, beginnt am 6. September offiziell mit seiner Arbeit. Die meisten der 16000 Mitarbeiter kommen aus der Generalstaatsanwaltschaft. Die neue Behörde soll weitreichende Vollmachten erhalten. So darf das Komitee selbstständig Strafverfahren einleiten, auch gegen Personen mit besonderem Status wie etwa Parlamentsabgeordnete.

Vielleicht ist die Einrichtung des neuen Komitees kein Zufall. In Russland beginnt gerade der Wahlkampf für die Duma-Wahlen im Dezember. Im März wird ein neuer Präsident gewählt.

Büros im ganzen Land

Ziel des neuen Ermittlungskomitees ist der Putin-Anordnung zufolge „die Vervollkommnung der staatlichen Verwaltung im Bereich der Ausführung der Gesetze Russlands im Bereich des Strafrechts“. Die neue Behörde mit Büros in ganz Russland wird zwar formal der Generalstaatsanwaltschaft angegliedert, übernimmt aber die gesamte Ermittlungsarbeit in Strafverfahren. Bei der Generalstaatsanwaltschaft verbleibt die Führung von Strafverfahren und das zweifelhafte Recht, die Ermittlungen der neuen Behörde anzufechten.

Generalstaatsanwalt Juri Tschaika soll über die Einrichtung des Ermittlungskomitees nicht begeistert gewesen sein, berichteten Moskauer Zeitungen. Kritik kam auch von den Kommunisten. Der KP-Abgeordnete Viktor Iljuchin monierte, die Einheit der Staatsanwaltschaft werde „zerstört“. Der Leiter des Moskauer Zentrums für politische Information, Alexej Muchin, erklärte gegenüber der Internet-Zeitung Gazeta.ru, Hauptgrund für die Bildung der neuen Behörde sei die Absicht des Kremls, den Kampf gegen die Korruption zu verstärken. Putins Einfluss wird durch die Bildung des Ermittlungskomitees gestärkt. Chef der neuen Behörde wird Alexander Bastrykin, ein Studienfreund des Kreml-Chefs. Der 54-Jährige ist Jura-Professor und war bisher stellvertretender Generalstaatsanwalt.

Noch vor Amtsantritt versprach Bastrykin, er werde die Untersuchungen der Morde im Fall des ehemaligen KGB-Mitarbeiters Alexander Litwinenko und der Journalistin Anna Politkowskaja zu einem Schwerpunkt seiner Arbeit machen. Versäumnisse ortete Bastrykin aber nur im Ausland. Die britischen Behörden hätten „nicht alle möglichen Versionen“ des Litwinenko-Mordes untersucht.

Noch ist unklar, wie die neue Ermittlungsbehörde arbeiten wird. Beobachter nannten Berichte voreilig, in denen von der Gründung eines „neuen Geheimdienstes“ die Rede war. Fest steht nur, dass sich die Gründung der neuen Behörde einreiht in Maßnahmen Putins, die Sicherheitsorgane zu stärken und ihre Arbeit zu effektivieren.

Bessere Bezahlung

In den 90er-Jahren befanden sich die verschiedenen Abteilungen des russischen Geheimdienstes noch in einem chaotischen Zustand. Viele Agenten verließen die Dienste wegen schlechter Bezahlung und gingen in die private Wirtschaft. Mit dem Machtantritt von Wladimir Putin, der von 1998 bis 1999 selbst an der Spitze des Föderalen Sicherheitsdienstes (FSB) gestanden hatte, endete die Krise. Viele Agenten kehrten wieder zu ihrem alten Arbeitgeber zurück – auch deshalb, weil sich die Bezahlung erheblich verbessert hatte. Heute besitzt der FSB etwa 100000 Mitarbeiter.

Sächsische Zeitung

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