Nun muss sich der Sender ein neues Land suchen, wo die Redaktion arbeiten kann. Russische Medien berichteten, es könnte Georgien sein, wo der Sender ebenfalls ein Studio hat.
Zielpublikum von „Doschd“ sind Fernsehzuschauer in Russland. Vorerst hofft der Kanal, dass er wenigstens auf youtube weiter senden kann. In Lettland wurde für den Kanal auf youtube bereits eine Standortsperre verhängt.
„Wir sind europäischer als die lettische Aufsichtsbehörde“
Die Moderatorin Jekaterina Kotrikadse nahm am Mittwoch Stellung zu den Vorwürfen der lettischen Organisation, welche die elektronischen Medien überwacht und dem Kanal die Lizenz entzogen hatte.
Zu dem Vorwurf, „Doschd“ habe eine Karte von der Krim veröffentlicht, auf der die Halbinsel als russisches Territorium verzeichnet war, erklärte Kotrikadse, es sei ein „technischer Fehler“, der „wegen der Eile“ entstanden sei. «Doschd“ habe die „Annexion der Krim“ und den „verbrecherischen Krieg in der Ukraine“ immer verurteilt.
Zu dem Vorwurf, „Doschd“ habe in Bezug auf die russische Armee die Formulierung „unsere Armee“ verwendet, erklärte Kotrikadse, „Doschd“ sende vor allem für das Publikum in Russland. Und man könne nicht so tun, als ob die Redakteure von Doschd, die „alle russische Pässe haben, vom Mond kommen“.
Zu dem Vorwurf, „Doschd“ habe sich für eine bessere Ausrüstung russischer Soldaten eingesetzt, erklärte Kotrikadse, dem Moderator Korostelov sei von „Doschd“ gekündigt worden. Der Doschd-Moderator Aleksej Korostelov hatte in einer Sendung mit Zuschauerbeteiligung erklärt, „wir hoffen, dass wir einigen Soldaten helfen konnten mit Ausrüstung und elementaren Bedingungen an der Front“.
Die Direktorin von „Doschd“, Natalja Sindejewa, erklärte jedoch inzwischen, die Kündigung von Korostelov sei ein Fehler gewesen. „Unter der Kritik von allen Seiten, von Ukrainern und Letten“, habe man „emotional gehandelt“.
Die Äußerung über die Ausrüstung russischer Soldaten hatte in Lettland einen Sturm der Entrüstung ausgelöst. Der lettische Verteidigungsminister Artis Pabriks erklärte, „unsere Geduld ist am Ende“. „Doschd“ müsse man „zur Arbeit nach Russland schicken“.
Der lettische Geheimdienst kündigte eine Untersuchung zu „Doschd“ an. Es könne sein, dass der Fernsehkanal mit dem russischen Geheimdienst verbunden sei. Die lettische Behörde zur Überwachung elektronischer Medien (NEPLP) verhängte gegen den Fernsehkanal eine Strafe von 10.000 Euro.
„Kollektivstrafe“ gegen Russen
Die „Doschd“-Moderatorin Kotrikadse meinte, offenbar seien die Behörden in Lettland verstimmt, weil „Doschd“ die rigide Visa-Politik von Lettland gegenüber Russen kritisiert hat. Lettland hat zwar über 400 russischen Journalisten ein Visum gegeben, lehnt aber die Visa-Vergabe an einfache russische Staatsbürger ab. Die „Doschd“-Moderatorin bezeichnete dies als „Kollektivstrafe“. Sie habe den Eindruck, dass „Doschd“ europäischer sei, als die lettische Organisation zur Überwachung von elektronischen Medien.
Die lettischen Behörden hatten auch moniert, dass Doschd seine Sendungen nicht in lettische Sprache übersetzte.
Die Einlassungen der Vertreter von „Doschd“ nutzten nichts. Der Leiter des lettischen Rates für elektronische Medien, Iwar Abolinsch, erklärte, die Redaktion habe „die Schwere der Verfehlungen nicht verstanden“, weshalb man die Lizenz entziehen müsse.
Russische Staatsantwaltschaft hatte „Doschd“ sperren lassen
Am 1. März 2022 dieses Jahres war „Doschd“ im russischen Internet auf Anweisung der russischen Generalstaatsanwaltschaft blockiert worden. In der Begründung heißt es, der Fernsehkanal rufe systematisch auf zu „extremistischer Tätigkeit und Gewalt gegen Bürger Russlands, zur Störung der öffentlichen Ordnung und der öffentlichen Sicherheit, zur Teilnahme an öffentlichen Veranstaltungen und der Verletzung der Gesetze und der gewalttätigen Beseitigung der verfassungsmäßigen Ordnung“.
Am 15. April 2022 berichtete Natalja Sindejewa, die Direktorin von „Doschd“, in der „Financial Times“ von Verhandlungen mit russischen Investoren aus dem Silicon Valley in Kalifornien über die Wiederaufnahme des Sendebetriebs. Die „Doschd“-Redaktion richtete Studios in Riga, Tbilissi, Amsterdam und Paris ein.
Der Sprecher des russischen Präsidenten, Dmitri Peskow, erklärte am Dienstag:
„Immer wieder scheint es Manchen, dass es irgendwo besser ist, als zuhause, und immer wieder scheint es Jemandem, dass es irgendwo Freiheit gibt und es zuhause nicht frei sei. Dies ist eines der eindeutigen Beispiele, welche die Fehlerhaftigkeit dieser Illusion zeigen.“
„Wenn ‚gute Russen‘ ‚schlechten Russen‘ helfen“
Der Berater des ukrainischen Präsidenten, Michail Podoljak, erklärte (ab Minute 1:38:42), er werde „Doschd“ auch weiter Interviews geben. Die Erklärungen und Maßnahmen der leitenden Redakteure von „Doschd“ hätten gezeigt, dass sie eine klare „Anti-Kriegs- und proukrainische Position“ haben.
Der ukrainische Kulturminister Oleksandr Tkatschenko wird von der „New York Times“ mit den Worten zitiert: „Wenn ‚gute Russen‘ ‚schlechten Russen‘ helfen – kann die Welt dann endlich verstehen, dass sie alle gleich sind?“
Die Russophobie erklimmt in den baltischen Staaten und in der multinationalen Ukraine immer neue Höhen. Und man kann nur hoffen, dass in Deutschland jetzt endlich klar wird, dass die Dämonisierung von Russland ein Sprengsatz gegen die Meinungsfreiheit auch in Deutschland ist.
veröffentlicht in: Nachdenkseiten