7. August 2007

Russland erhebt Ansprüche auf Arktis

Mit der Verankerung einer Flagge unter dem Nordpol unterstreicht Moskau die Bedeutung der Region als künftige Rohstoffquelle.

Als das russische Mini-U-Boot „Mir-1“ 4261 Meter unter dem Nordsee-Eis eine russische Staatsflagge aus Titan im Meeresboden verankerte, nahmen westliche Medien das eher als russischen Gag zur Kenntnis. Doch die Angelegenheit war keine Lappalie.

Unter dem Meeresboden der Arktis lagern Reichtümer, die nicht nur die Russen im Auge haben. Auch Norwegen, die USA, Kanada und Dänemark erheben Ansprüche. So reagierten die Regierungen mehrerer Nordpol-Anrainer verstimmt. Man fand, das Ganze sei ein freches Husarenstück der Russen.

„Wir sind nicht im 15. Jahrhundert“, polterte der kanadische Außenminister Peter MacKay. Man könne „nicht einfach um die Welt reisen, eine Flagge hissen und sagen: „Wir beanspruchen das Gebiet.“ Im Grunde sei die russische Aktion jedoch nur eine Show, die Souveränität Kanadas sei nicht bedroht. Trotzdem will Kanada in der Arktis jetzt acht Patrouillenschiffe stationieren. Russische Zeitungen berichteten, Nato-Flugzeuge hätten die russische Expedition begleitet. Das US-Außenministerium erklärte, das Aufstellen der Flagge habe juristisch kein Gewicht. Die russischen Ansprüche auf Territorium in der Arktis beurteilt man in Washington skeptisch. Ähnlich äußerte sich auch ein Sprecher des dänischen Außenministeriums.

Dänen planen Expedition

Russische Medien berichteten, dass die Amerikaner am 1. Juli von Norwegen aus zu einer Nordpol-Expedition starteten. Außerdem sei ein US-Eisbrecher in die Arktis unterwegs. Auch die Dänen planen eine Expedition, um ihre Ansprüche zu untermauern.

Russland sieht sich selbst als die führende Nation bei der Erforschung des Nordpols. Vor 70 Jahren wurde auf einer Eisscholle die erste sowjetische Drift-Station eingerichtet. Der Leiter der laufenden Nordpol-Expedition und stellvertretende Duma-Sprecher, Artur Tschilingarow, meinte, „die Arktis ist unsere und wir müssen unsere Präsenz zeigen“.
Der Abgeordnete verglich das Aufsetzen des Mini-U-Boots in 4261 Metern Tiefe mit dem ersten Schritt auf dem Mond. Um das zu unterstreichen, gab es eine kurze Unterhaltung zwischen einer U-Boot-Mannschaft und der russischen Besatzung der Internationalen Raumstation.

Schätzungen zufolge lagern am geografisch nördlichsten Punkt der Erde ein Viertel der weltweit noch unerschlossenen Öl- und Gasvorräte. Das Abschmelzen der Eisdecke könnte die Hebung der Bodenschätze erleichtern und die Schifffahrt in der Nordpol-Region beleben. Der Nordpol könnte bald zur wirtschaftlich und geopolitisch wichtigen Region werden.

Die Mini-U-Boote „Mir-1“ und „Mir-2“ mit jeweils drei Mann Besatzung nahmen Bodenproben vom Meeresgrund. Neun Stunden dauerte das Tauchmanöver. Mit den Gesteinsproben will Russland nachweisen, dass der Lomonossow-Rücken – ein unterseeischer Meeresrücken – ein Ausläufer des russischen Festlands ist und ein Großteil der Arktis-Region nach den internationalen Regeln des Seerechts zu Russland gehört.
Ansprüche bis zum Pol

Russland beansprucht den größten Teil der Arktis – ein Dreieck, das von Tschukotka im Fernen Osten über Murmansk im Westen bis zum Nordpol reicht und eine Fläche von 1,2 Millionen Quadratkilometer hat. Eigentlich steht Russland laut einer Arktis-Seerechtskonvention der Uno nur eine 370 Kilometer breite Wirtschaftszone vor seiner Nordküste zu. Doch seit dem Jahr 2001 stellt Russland größere Ansprüche. Der russische Meeresrücken reiche „bis zum Nordpol“, erklärte der russische Außenminister Sergej Lawrow, und die Grenzziehung am Nordpol müsse „nach internationalem Recht entschieden werden“, so der Minister.

Das Forschungsschiff „Akademik Fjodorow“ und der Eisbrecher „Rossija“ waren am 24. Juli in Murmansk gestartet. An Bord der Schiffe sind 140 Wissenschaftler und Duma-Abgeordnete. Zu den Passagieren gehört auch der deutsche Autor und Moderator Roger Willemsen. Am 5. Oktober wird das Forschungsschiff wieder im Hafen zurückerwartet.

Saechsische Zeitung

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