25. January 2011

Schreie, Tod und Brandgeruch

Terror. Ein Jahr nach dem Anschlag in der Moskauer Metro gab es einen Bombenanschlag auf dem Flughafen Domodedowo.

Ulrich Heyden Moskau (SN). Um 16.32 Uhr ließ ein lauter Knall die Passagiere im Ankunftsbereich des Flughafens Domodedowo zusammenschrecken. Dann liefen Helfer mit Tragen, um Verletzte zu bergen. Auf einem von einem Augenzeugen aufgenommenen Video war zu sehen, wie Retter in dichtem Rauch nach Überlebenden suchten.

Über der Halle lag Brandgeruch. Passagiere wurden mit einem Zubringerexpress in das Moskauer Stadtzentrum gebracht. Der Flughafen Domodedowo liegt 20 Kilometer südöstlich von Moskau.

Trümmer, Rauch, Chaos: Schon die ersten Bilder nach dem blutigen Anschlag im internationalen Flughafen Domodedowo ließen das verheerende Ausmaß des Terroranschlags erahnen. Dutzende Leichen lagen im Ankunftsbereich, viele Verletzte wurden herausgeschleppt und in die umliegenden Kliniken transportiert.

Nach Angaben von Jelena Galawanowa, Pressesprecherin des Flughafens, gab es bei dem Bombenanschlag 35 Tote und 46 Verletzte. Von anderen offiziellen Stellen war eine Zahl von 130 Verletzten genannt worden.

Der letzte große Terroranschlag in Moskau hatte sich im März vergangenen Jahres in der U-Bahn ereignet. Damals starben bei zwei Explosionen 40 Menschen. Wie schon bei dem damaligen Anschlag gehen die russischen Sicherheitskräfte auch diesmal wieder davon aus, dass die Attentäter aus dem Nordkaukasus kamen.

Kurze Zeit nach der Explosion nahmen Ermittler des russischen Sicherheitskomitees ihre Untersuchungen am Ort der Katastrophe auf. Die Internetzeitung „gazeta.ru“ zitiert einen Vertreter des russischen Katastrophenschutzministeriums, wonach sich die Explosion in jener Halle ereignet habe, in der die ankommenden Passagiere ihr Gepäck von den Laufbändern nehmen.

Auch zwei Stunden nach der Explosion gab es verschiedene Meldungen darüber, wo sich die Explosion genau ereignete. Die Bombe sei von einem oder mehreren Selbstmordattentätern gezündet worden, die sich schon auf dem Flughafen befanden, meldete der Fernsehsender Pervi Kanal.

Ein Selbstmordattentäter, möglicherweise ein ankommender Passagier, habe die Bombe noch vor der Zollkontrolle gezündet, berichtete die Internetzeitung unter Berufung auf eine Quelle „aus dem Flughafen“. Manche Quellen sprachen auch von zwei Explosionen.

Über die Flugzeuge, die in den eineinhalb Stunden vor der Explosion landeten, gab es unterschiedliche Angaben. Es soll sich um Flugzeuge aus Kairo, Tokio, Düsseldorf und Odessa gehandelt haben.

Bei der Bombe, die explodierte, handelte es sich nach offizieller Mitteilung um eine Sieben-Kilogramm-Bombe mit Metallsplittern, die besonders üble Verletzungen verursachen. Bis zum frühen Abend gab es in Moskau keine Sicherheit, wer die Explosion ausgelöst hatte.

Wie die Pressesprecherin des Flughafens mitteilte, lief der Flugbetrieb am frühen Abend bereits wieder normal. Im Flughafen habe es keine Panik gegeben. Der Saal der Explosion sei mit einer Plastikplane abgesperrt worden. Nur bei den ankommenden Flügen habe es Verspätungen gegeben. Nachrichtenagenturen berichteten, dass Flüge auf die beiden anderen Moskauer Großflughäfen und die Flughäfen Nowgorod und St. Petersburg umgeleitet wurden.

Der russische Präsident Dmitrij Medwedew traf sich zu einer Beratung mit dem Verkehrsminister, dem Leiter des Zentralen Ermittlungskomitees und dem Generalstaatsanwalt. Medwedew erklärte, wahrscheinlich handle es sich um einen Terroranschlag. Es werde alles getan, um den Verletzten die nötige medizinische Hilfe zukommen zu lassen.

Den Angehörigen der Toten drückte der Präsident sein tiefes Beileid aus. Der russische Präsident ordnete an, die Kontrollen auf allen Flughäfen und allen großen Verkehrsknotenpunkten zu verschärfen. Bei den Ermittlungsarbeiten soll auch überprüft werden, ob alle Sicherheitsbestimmungen eingehalten wurden.

veröffentlicht in: Salzburger Nachrichten

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