Tote bei Havarie in russischem Kraftwerk
Von Ulrich Heyden, SZ-Korrespondent in Moskau
Es war um 8.15 Uhr, als im südsibirischen Wasserkraftwerk Sajano-Schuschenskaja am Fluss Jenesej die bisher größte Katastrophe in einem russischen Wasserkraftwerk ihren Lauf nahm. Bei Reparaturarbeiten an einer der zehn Turbinen war es in einem 100 Meter langen Maschinenraum zu einem Wassereinbruch gekommen. Die Decke und die Wände stürzten ein. Wassermassen tosten auf die etwa 68 Arbeiter, die sich zu diesem Zeitpunkt in dem Raum befanden nieder. Mindestens eine der insgesamt zehn Turbinen wurde zerstört.
Nach einer Meldung der Internetzeitung newsru.com wurden bis zum Abend zehn Menschen tot geborgen. Der Leiter der Notstandsbehörde der südsibirischen Region Chakassien, Andrej Klujew, sprach von mehr als 60 Personen, die noch vermisst werden. Taucher suchten nach ihnen in der gefluteten und von Trümmern verstellten Maschinenhalle. Teilweise mit Erfolg: Vier Menschen wurden lebend gefunden, ein weiterer im Schockzustand in einem der unterirdischen Räume des Kraftwerkes.
Nach dem Unfall wurden alle zehn Turbinen des 1978 in Betrieb genommenen Wasserkraftwerkes nahe der mongolischen Grenze abgestellt. Sechs sibirische Regionen blieben teilweise ohne Strom. Die Produktion in zwei Aluminiumhütten musste für eine Stunde eingestellt werden.
Großer Ölteppich auf Stausee
Das russische Ministerium für Naturressourcen zeigte sich unterdessen besorgt über einen Ölteppich, der sich auf dem Stausee bildete. Offenbar nahm er bis zum Abend bereits eine Fläche von 25 Quadratkilometern ein. Die Trinkwasserversorgung sei aber nicht gefährdet, hieß es.
Ängsten, der Staudamm könne brechen, trat der russische Notstandsminister Sergej Schojgu entgegen: Es bestehe nicht einmal die potenzielle Gefahr, so Schojgu, der an den Unglücksort flog, um die Rettungsarbeiten zu leiten. Dennoch gab es in der flussabwärts liegenden Stadt Abakan Panikstimmung, wie der Radiosender Echo Moskwy berichtete. Nach unbestätigten Annahmen würde bei einem Dammbruch eine Fläche im Umkreis von 30 Kilometern überflutet.
Über die Ursache der Havarie herrschte noch Unklarheit. Das zentrale russische Ermittlungskomitee geht davon aus, dass ein Öltransformator explodierte. Ein Vertreter der Betreibergesellschaft RusHydro AG erklärte dagegen, in dem Kraftwerk sei es zu einem drastischen Druckgefälle, einem so genannten „Wasserschlag“ gekommen. Die Ursache dieses „Wasserschlages“ sei unbekannt.
"Sächsische Zeitung"