Trotz Dita: Deutscher Flop beim Grand Prix
Von Ulrich Heyden, SZ-Korrespondent in Moskau
Bei dem überlegenen Sieg des Norwegers Alexander Rybak landet das deutsche Duo „Alex swings, Oscar sings!“ nur auf einem enttäuschenden 20. Rang.
Ich glaub nicht, dass ich ein Idol bin, und ich bin nicht der beste Sänger in dem Wettbewerb.“ Der 23-jährige Norweger Alexander Rybak, der mit seinem selbstkomponierten Lied „Fairytale“ über seine erste Liebe beim Eurovision Song Contest in Moskau mit 387 Punkten siegte, gab sich auf der Pressekonferenz nach dem Finale charmant zurückhaltend.
Doch mit seiner wilden Geige und seinem spitzbübischen Lächeln war der Norweger nicht nur Sieger geworden, sondern hatte auch den bisherigen Eurovision-Rekord der finnischen Gruppe „Lordi“ (292 Punkte) gebrochen. Das beste Lied – sagte Sieger Rybak großzügig auf der Pressekonferenz – sei eigentlich jenes aus der Ukraine gewesen und die beste Interpretin, die 18-jährige Yohanna aus Island, die es mit 218 Punkten auf Platz zwei schaffte.
Sieger aus Musikerfamilie
Das Talent des Siegers kommt nicht von ungefähr. Alexander Rybak kommt aus einer Musiker-Familie und bekam schon als Kind eine Ausbildung in weißrussischer Folklore und Klassik. Im Alter von fünf Jahren wanderte er mit seinen Eltern aus Weißrussland nach Norwegen aus. Seine Geburtsstadt Minsk hat der junge Star seitdem nicht mehr gesehen. Doch beim Publikum bedankte er sich in fließendem Russisch, was in Moskau natürlich gut ankam.
Unter den vorderen Platzierungen hielten sich beim diesjährigen Eurovision Contest Ost und West in etwa die Waage. Allerdings konnte Deutschland nicht allzu viel dazu beitragen –- „Miss Kiss Kiss Bang“ hatte zu wenig Herz und landete weit abgeschlagen auf Platz 20. Da half auch der schöne Rücken der Stripperin Dita von Teese nicht mehr. Doch mit Gediegenem konnte das alte Europa durchaus punkten. Jase Ewen aus Großbritannien kam mit Andrew Lloyd Weber am Klavier auf Platz fünf und die Französin Patricia Kaas mit „Et s‘il fallait le faire“ auf den achten Platz.
Stärker als Alt-Europa war der Orient. Aserbaidschan landete mit einem wilden Disco-Stück auf Platz drei, gefolgt von der Türkei, deren blonde Sängerin Hadise mit gewagtem Hüftschwung einheizte. Folklore und Gefühliges aus dem Osten kamen bei dem Publikum gut an.
Die prominenten Musik-Experten und Showgrößen waren sich in einer Talk-Show im russischen „Ersten“ einig, dass die Show in der Olimpiski-Halle das Beste gewesen sei, was es beim Grand Prix jemals gegeben habe. Man habe Maßstäbe gesetzt, die so schnell kein Land überholen könne.
Russland hatte geklotzt, mit der größten Bühne, die es je bei einem Song Contest gab. Die Experten für Sound und Licht wurden extra aus Deutschland und England eingekauft. Der kanadische Cirque de Soleil bestach mit einer akrobatischen Show, und die argentinische Show-Gruppe Fuerza Bruta ließ Badenixen in durchsichtige Wasser-Bassins über den Köpfen der Zuschauer planschen. So was hatte man in Moskau noch nie gesehen.
Schwule sollen in Bars feiern
Gesehen hatte man allerdings schon, dass Schwule und Lesben, wenn sie sich öffentlich zu einem Gay Pride versammeln, von der Polizei vertrieben und von Unbekannten gewalttätig angefallen wurden. Auf den „Neuen Puschkin-Platz“ im Zentrum von Moskau wagten sich deshalb am Sonnabend nur etwa 50 Aktivisten der Schwulen- und Lesbenszene. Als der Schwulen-Aktivist Nikolaj Aleksejew als Bräutigam mit einer Transvestiten-Braut in einer weißen Limousine vorfuhr, wurde er sofort rüde festgenommen. Insgesamt 51 Aktivisten wurden auf Polizeiwachen gebracht.
Der Moskauer Bürgermeister Juri Luschkow will einen Gay Pride in der russischen Hauptstadt auf keinen Fall genehmigen. Schwule und Lesben sollen in ihren Bars feiern, nicht auf der Straße, denn das sei „satanisch“.
"Sächsische Zeitung"