3. March 2016

Vor Eröffnung der Cranach-Ausstellung: Delegation aus Gotha in Moskau

Moskau. Knut Kreuch und Martin Eberle sprachen in der Deutschen Botschaft in Moskau vor der Eröffnung der Cranach-Ausstellung.

Moskau. Vor der Residenz des deutschen Botschafters in Moskau in der Powarskaja-Straße im Zentrum der Stadt war am Dienstagabend großer Auflauf. Zahlreiche gut gekleidete Gäste betraten das altehrwürdige Gebäude. Vor dem 1910 im Stil der italienischen Renaissance gebauten Haus standen Jeeps und Limousinen von Diplomaten, zu erkennen an den roten Nummernschildern, und ein Übertragungswagen des russischen Fernsehkanals Rossija 24. Drinnen wurden Häppchen gereicht.

Unter den zahlreichen Gästen der Vorpremiere zur Cranach-Ausstellung im Puschkin-Museum waren nicht nur Museums-Mitarbeiter, sondern auch zahlreiche bekannte Kulturschaffende und Diplomaten wie beispielsweise die Direktorin der Tretjakow-Galerie, Selfira Tregulowa, oder Natalja Solschenizyna, die Ehefrau des verstorben Schriftstellers.

Der Chor des Moskauer Konservatoriums, dirigiert von Aleksandr Solowjow, trug drei Stücke aus der Reformations-Kantate von Johann Sebastian Bach vor.

In der Ausstellung „Zwischen Renaissance und Manierismus“ werden Bilder und Grafiken von Cranach dem Älteren (1472 bis 1553) und seinem Sohn Lucas (1515 bis 1586) gezeigt. In der Glasvitrine im Foyer der Residenz bekamen die Gäste schon einen Vorgeschmack. Gezeigt wurden zwei kleine Cranach-Porträts: der Kurfürst von Sachsen, Johann Friedrich, und seine Frau, Kurfürstin Sybille von Kleve.

Fünf Jahre für diesen Tag gearbeitet – und gewartet

In der Ausstellung im Puschkin-Museum, die am heutigen Donnerstag für Journalisten und am Freitag für das Publikum eröffnet wird, sind insgesamt 48 Gemälde und 50 grafische Arbeiten der Cranachs zu sehen. 26 Cranach-Werke kommen als Leihgaben aus Gotha.

„Fünf Jahre habe ich auf diesen Tag gewartet“, erklärte der Bürgermeister von Gotha in seiner emotionalen Ansprache. Der Bürgermeister war, trotz des zurzeit schwierigen Verhältnisses zwischen Russland und Deutschland, voller Hoffnung. „Menschen, die sich kulturell begegnen, werden immer Freunde sein.“

Auch der Direktor der Stiftung Schloss Friedensstein, Martin Eberle, war bemüht, Misstöne zwischen Deutschland und Russland zu entschärfen.

In einer warmherzigen Rede erklärte der Kunstexperte, man solle sich bewusst sein, „dass wir in Deutschland immer daran denken, welche Verbrechen die deutsche Wehrmacht Russland während des Krieges auch im Kulturbereich angetan hat.“

Gerade in Gotha sei man dankbar gewesen, dass die Kulturschätze durch die Rote Armee „geschützt und gerettet wurden, während sie sonst geplündert und geraubt worden wären“. Und man sei auch dankbar, „dass ab 1956 große Teile der Kulturschätze von Russland an Deutschland zurückgegeben wurden“.

Der Beauftragte des russischen Präsidenten für internationale kulturelle Zusammenarbeit und ehemalige Kulturminister, Michail Schwidkoi, erklärte, es handele sich um eine Ausstellung „höchster Bedeutung für die Kultur, die Philosophie und das politische Leben“. Es sei die erste Cranach-Ausstellung in Russland überhaupt. Sie zeige, dass auch bei schwierigsten Fragen, wie der Rückgabe von Kunstgegenständen, eine Zusammenarbeit geht, die das öffentliche Zeigen dieser Gegenstände möglich macht. Die Weisheit und die Bereitschaft zum Kompromiss seien „immer besser als die Bereitschaft, mit den Fäusten zu hauen.“

Der deutsche Botschafter in Russland, Rüdiger von Fritsch, wies in seiner Rede darauf hin, dass Lucas Cranach als „Maler der Reformation“ für die Deutschen eine besondere Rolle habe. Das 500jährige Jubiläum der Reformation „werden wir im kommenden Jahr auch hier in Russland feiern“.

Das Wort „Beutekunst“, in den 1990ern noch ein Thema deutscher Medien, nahm bei der Cranach-Vorpremiere in Moskau niemand in den Mund. Russischen Medien berichteten ausführlich über die bevorstehende Ausstellung.

Die Reporterin von Rossija 24 kommentierte: „Wenn die Welt durch die politischen Widersprüche geteilt ist, ist die Kunst die beste Diplomatin.“

Ulrich Heyden

veröffentlicht in: Thüringer Allgemeine

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