20. December 2010

Vorwurf der Wahlfälschung: Sieg Lukaschenkos gilt als sicher

Vor Schließung der Wahllokale bei der Präsidentenwahl hat sich die weißrussische Regierung auf Proteste der Opposition vorbereitet. Regierungsgegner und Menschenrechtsgruppen berichteten, mehr als 30 Oppositionelle seien bereits festgenommen worden.

Moskau. Auch der neue Präsident von Weißrussland wird wohl Alexander Lukaschenko heißen. Das Meinungsforschungsinstitut Ekoom, welches gestern bei den Präsidentschaftswahlen Exit-Polls durchführte, ermittelte für den Amtsinhaber 72 Prozent und für Oppositionskandidat Andrej Sannikow 6,3 Prozent der Stimmen.

Die Opposition hatte wegen eines unfairen Wahlkampfs und Wahlfälschungen Massenproteste angekündigt. Am Morgen wurden bereits mehrere junge Aktivisten der Opposition verhaftet und einige oppositionelle Websites blockiert.
Ansonsten verlief der Wahltag in Weißrussland ruhig. Zehn Kandidaten standen zur Wahl, darunter Amtsinhaber Alexander Lukaschenko, der seit 1994 Präsident von Weißrussland ist. Lukaschenko hatte vor der Wahl erklärt, er erwarte, dass 70 bis 75 Prozent der Wähler für ihn stimmen. 1000 Wahlbeobachter waren gestern im Einsatz, die Hälfte davon von der OSZE. Oppositionspolitiker Alexander Milinkewitsch, der bei der Präsidentschaftswahl 2006 als gemeinsamer Kandidat der Opposition antrat, erklärte gegenüber der Internetzeitung aktuell.ru, er glaube den Meinungsforschungsinstituten, die Lukaschenko einen Stimmenanteil von 40 bis 50 Prozent voraussagen. Lukaschenko stützt sich nicht nur auf die Medien, die ihn protegieren. Auch die niedrige Arbeitslosigkeit von 0,9 Prozent nützt dem Amtsinhaber.
Ein Fünftel der Wähler in Weißrussland hatte bereits vor dem eigentlichen Wahltag die Stimme abgegeben. Das ermöglicht, das Wahlergebnis zu manipulieren, erklärten Vertreter der Opposition. Schon vor dem eigentlichen Wahltag hatten viele Beamte, Soldaten, Polizisten und Studenten ihre Stimme abgegeben. Aber auch Arbeiter wurden von ihren Chefs aufgefordert, schon vorher zu wählen, berichtete Oppositionskandidat Sergej Kaljakin. Die Leitung des Unternehmens Chimwolokno habe die Notwendigkeit der vorgezogenen Wahl damit begründet, dass die Opposition Terrorakte in den Wahllokalen plane. Im Vergleich zu den vorherigen Wahlen hatte Lukaschenko der Opposition diesmal einige Freiheiten eingeräumt. So durften die Kandidaten sich im Fernsehen vorstellen und Räume anmieten. Studenten wurden nicht exmatrikuliert, wenn sie sich für die Opposition stark machten. Indem der autoritär regierende Präsident die Zügel vor der Wahl etwas lockerer ließ, wollte er wohl sein Image im Westen verbessern.

Ulrich Heyden

veröffentlicht in: Thüringer Allgemeine

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