20. December 2025

Was den Russen unter den Nägeln brennt. (Overton-Magazin)

Wladimir Putin beantwortet Fragen. Bild: kremlin.ru/CC BY-SA-4.0
Foto: Wladimir Putin beantwortet Fragen. Bild: kremlin.ru/CC BY-SA-4.0

20. Dezember 2025  17 Kommentare

Wladimir Putin stellte sich den Fragen von Bürgern und Journalisten.

Viereinhalb Stunden dauerte am Freitag im Gostiny Dwor, einem Veranstaltungszentrum nicht weit vom Kreml, die alljährliche Pressekonferenz von Präsident Wladimir Putin für Journalisten und Bürger (Protokoll der Veranstaltung auf Englisch). Der russische Präsident antwortete auf 103 Fragen.

Die Bürger hatten im Laufe der letzten Wochen drei Millionen Fragen in Formaten wie SMS, Mail und Video an den russischen Präsidenten gesandt. Videos und schriftliche Fragen wurden während der Pressekonferenz eingeblendet. Die Veranstaltung wurde von dem Pressesprecher des Präsidenten und den zwei Journalisten Pawel Sarubin und Jekaterina Beresowskaja moderiert. Sarubin, der Putin oft persönlich für das russische Fernsehen interviewt, erklärte, die Fragen der Bürger würden alle ausgewertet. Sie würden in die Arbeit des Präsidenten einfließen und vielleicht auch neue Gesetze anstoßen.

Im Saal des Veranstaltungszentrums Gostiny Dwor hatten sich 600 Journalisten und Blogger, darunter auch Ausländer, versammelt. Viele Journalisten hielten Schilder in die Höhe, um den Präsidenten auf sich aufmerksam zu machen.

Russland habe seit Kursk „die strategische Initiative“ übernommen

Die viereinhalbstündige Veranstaltung, die auf mehreren russischen Fernsehkanälen live übertragen wurde begann mit dem Thema Ukraine-Krieg. Moderator Sarubin fragte den Präsidenten: „Auf welchem Weg kann man die Ziele der Spezialoperation erreichen? Und wie sieht es aus mit den Verhandlungen, angesichts der Tatsache, dass Selenskij in Berlin erklärt hat, die Ukraine sei nicht bereit die Frage der Territorien zu besprechen?“

Darauf antwortete der russische Präsident: „Bisher sehen wir diese Bereitschaft nicht.“ Der Krieg habe mit dem Staatsstreich in der Ukraine und dem „Betrug im Zusammenhang mit dem Minsker Abkommen“ begonnen. Als „das Kiewer Regime 2022 einen Krieg im Südosten der Ukraine entfesselte, haben wir ihnen gesagt: Hört zu, wir sind gezwungen die nicht anerkannten Republiken anzuerkennen. Besser wäre es, wenn ihr die Menschen (dort) einfach so leben lasst, wie sie es wollen, ohne euren Staatsstreich, ohne Russophobie und so weiter. Zieht einfach eure Truppen von dort ab. Das ist alles.“ Kiew habe das nicht gewollt. Die ukrainische Regierung habe die im April 2022 erzielte Friedens-Vereinbarung von Istanbul „in den Papierkorb geworfen“. Auch jetzt weigere sich Kiew, den Konflikt friedlich zu beenden. „Aber, wissen Sie, wir sehen, fühlen und wissen von bestimmten Signalen, auch von Seiten des Kiewer Regimes, dass sie bereit sind, einen Dialog zu führen.“

Der Kreml-Chef erklärte weiter, dass, seitdem die russische Armee die ukrainischen Truppen aus dem Gebiet Kursk drängte, Russland „die strategische Initiative“ übernommen habe und an allen Frontabschnitten vorstoße.

Zehn Jahre habe das ukrainische Militär um die Städte Slawjansk, Kramatorsk und Konstantinowka Festungen gebaut. Alle drei Städte liegen im ehemaligen ukrainischen Verwaltungsgebiet Donezk. Nun sei es aber den russischen Streitkräften gelungen, die Stadt Sewersk zu erobern. Diese Stadt eröffne den Weg zur Stadt Slawjansk.

Ein Kommandeur aus Kalmykien

Weiter erklärte Putin, er habe zu der Pressekonferenz einen Kommandeur einer Einheit von 157 russischen Soldaten eingeladen, welche an der Eroberung von Sewersk beteiligt war. Der Kommandeur mit dem Namen Naran Otschir-Gorjajew, ist ein Kalmyke. Er bekam das Mikrofon und er berichtete, man habe die Stadt Sewersk nur deshalb einnehmen können, weil man in kleinen Gruppen vorgestoßen sei. Natürlichen Schutz habe es vor der Stadt nicht gegeben. Vier von 84 Soldaten, welche die Stadt eingenommen hätten, seien gefallen.

Die Bevölkerung von Sewersk sei sehr niedergeschlagen gewesen und habe sich „sehr über die Ankunft der russischen Truppen gefreut“. Die ukrainischen Truppen hätten vor ihrem Abzug aus Sewersk zahlreiche Zivilisten im Alter zwischen 30 und 40 Jahren, die nicht mit ihnen abziehen wollten, erschossen. Ähnliche Vorwürfe gegen die ukrainischen Truppen gibt es seit 2022 und seit 2014 vor allem gegen rechtsradikale Bataillone. Diese Vorwürfe jetzt in der zugespitzten Kriegssituation zu überprüfen, ist fast unmöglich, denn es gibt im Kriegsgebiet keine unabhängigen Beobachter und Institutionen, die weltweit als unabhängig anerkannt sind. Wer von russischer Seite über den Krieg berichtet, kann praktisch nur offizielle russische Darstellungen wiedergeben, wenn man nicht selbst Augenzeuge von Verbrechen war. Die offizielle ukrainische Seite hat bisher keinen dieser Vorwürfe bestätigt.

Der russische Präsident erklärte, diejenigen, die in den 1990er Jahren geboren wurden, würden wegen der damaligen Schwierigkeiten beim Übergang in ein neues Gesellschaftssystem heute oft als „verlorene Generation“ bezeichnet. Doch diese Bezeichnung sei falsch. „In kritischen Situationen zeigt sich der Mensch.“ Der Kommandeur Otschir-Gorjajew bestätigte, die in den 1990er Jahren Geborenen seien das Rückgrat der Sturmtruppen. Putin erklärte, in der „Spezialoperation“ in der Ukraine seien insgesamt 700.000 Soldaten im Einsatz, davon 410.000 Vertragssoldaten.

Gäste der Pressekonferenz.

Gäste der Pressekonferenz. Bild: kremlin.ru/CC BY-SA-4.0

Der Kriegsalltag und die russische Bürokratie

Die Moderatorin Jekaterina Beresowskaja kam auf das Thema Entschädigungen für verletzte und tote Soldaten zu sprechen, wo es zu Störungen bei der Auszahlung kam. Die Fälle von Nichtzahlung von Entschädigungen für Soldaten seien durch die intensive Arbeit der „Volksfont“ – einer Freiwilligenorganisation, die sich um soziale Fragen kümmert – , des Verteidigungsministeriums und der Stiftung „Schützer des Vaterlandes“ – sie kümmert sich um die Angelegenheiten der Soldaten – zurückgegangen. Es gäbe aber noch Fälle, wo Entschädigungen nicht rechtzeitig ausgezahlt werden. Auch gäbe es noch Fälle von vermissten Soldaten.

Als Beispiel nannte die Moderatorin den Fall des Soldaten Aleksej Gustschin. Er sei vor zwei Jahren schwer verwundet worden, habe aber die Entschädigung von umgerechnet 32.000 Euro nicht erhalten. Für die Auszahlung „fehlten noch Dokumente“. Die „Volksfront“ habe sich darum gekümmert, dass der Soldaten seine Entschädigung „noch in diesen Tagen“ bekommen soll.

Es wurde ein Video mit Kristina Sergejewna Grebe aus Nowosibirsk, der Mutter eines Soldaten, eingeblendet. Kristina, die zwei kleine Kinder hat, erzählte, ihr Mann sei im Januar 2024 gefallen. Im Dezember 2024 habe sie eine schriftliche Bestätigung über den Tod ihres Mannes erhalten. Ihre Witwenrente habe sie aber bis heute nicht bekommen.

Der russische Präsident erklärte: „Ich möchte mich entschuldigen für die Trägheit unserer Behörden, die diese Fragen entscheiden.“ Putin erklärte, leider sei es bis heute nicht gelungen „eine normale Zusammenarbeit zwischen dem Verteidigungsministerium und den für das Soziale zuständigen Ministerien zu organisieren.“ Es gäbe Probleme wegen „überflüssiger Bürokratie“. Entscheidungen würden hinausgezögert. Der russische Präsident erklärte, er hoffe, dass man dieses Problem „in den Griff“ bekomme.

Was die Frage der vermissten Soldaten betrifft, so erhoffe er sich eine schnellere Aufklärung durch ein Koordinationszentrum, welches das Verteidigungsministerium jetzt eingerichtet habe. Außerdem kümmerten sich um die Fälle von vermissten Soldaten jetzt Gruppen vor Ort und man habe ein Register über die Vermissten erstellt. Immerhin habe sich die Zahl der Vermissten halbiert. Das Ziel bleibe, das Schicksal aller vermissten Soldaten aufzuklären.

Korrespondenten aus England und den USA

Auf der Pressekonferenz kamen auch Fragen von zwei ausländischen Korrespondenten, Steven Rosenberg vom BBC und Keir Simmons vom US-amerikanischen Kanal NBC.

Rosenberg fragte, ob in Russland weiterhin „per Gesetz jede beliebige Meinungsäußerung, welche mit der offiziellen Linie nicht übereinstimmt, bestraft wird“, ob das mobile Internet „immer weiter abgeschaltet“, ob es „immer noch weitere militärische Spezialoperationen“ geben, oder ob „Russland einen anderen Weg gehen wird“. Weiter fragte der Korrespondent, ob sich weiterhin „alle Macht in Russland“ in der Hand des Präsidenten befinden soll.

Putin antwortete, offenbar spiele der Korrespondent auf das russische Gesetz zu „ausländischen Agenten“ an, die mit Geld aus dem Ausland in Russland politisch tätig sind. „Verehrter Kollege“, sagte Putin. Russland habe mit diesem Gesetz kein Neuland betreten. Ein Gesetz zu „ausländischen Agenten“ sei in einer Reihe westlicher Staaten – so in den USA schon in der 1930er Jahren – verabschiedet worden. Das Gesetz zu „ausländischen Agenten“ sei in den Vereinigten Staaten „viel härter“ als in Russland. Für eine politische Tätigkeit die vom Ausland finanziert wird, gäbe es in den Vereinigten Staaten sogar Freiheitsstrafen. Nichts dergleichen gäbe es in Russland.

„Unser Gesetz fordert nur, dass sie die Quelle der Finanzierung bekanntgeben, wenn sie eine politische Tätigkeit ausüben.“ In Russland gäbe es keine Repression und keine Verfolgung.

Der US-Korrespondent Keir Simmons erklärte, Präsident Trump hat einen Friedensplan: „Die Ukraine schlägt mehr Kompromisse vor, aber sie reden von Krieg. Herr Präsident, wenn sie den Friedensvorschlag von Präsident Trump ablehnen, werden sie verantwortlich sein für den Tod von Ukrainern und Russen 2026?“

Darauf antwortete Wladimir Putin: „Wir sind nicht verantwortlich für den Tod von Menschen, weil wir den Krieg nicht begonnen haben. Dieser Krieg begann nach dem Staatsstreich in der Ukraine.“ Die Regierung in Kiew habe nach dem Staatsstreich einen Krieg gegen die eigenen Bürger im Südosten der Ukraine geführt. Russland habe die Volksrepubliken Donezk und Lugansk lange nicht anerkannt. Nach dem Betrug mit dem Minsker Abkommen sei Russland gezwungen gewesen, den Krieg gegen die Volksrepubliken durch den Einsatz eigener Truppen zu beenden.

Putin erklärte, Präsident Trump sei „ehrlich“ um ein Ende des Krieges bemüht. In Alaska habe er sich mit Trump über einen Friedensplan geeinigt. „Davon zu sprechen, dass wir etwas abgelehnt haben, ist absolut nicht korrekt und hat keinerlei Grundlage.“ Der Ball liege jetzt vollständig „auf der Seite unserer westlichen Opponenten, insbesondere bei der Führung des Kiewer Regimes und vor allem bei seinen europäischen Sponsoren.“

Bild: kremlin.ru/CC BY-SA-4.0

„Olga, heirate mich!“

Die Veranstaltung in Moskau hatte zahlreiche komische Momente. Das führte angesichts zahlreicher trauriger Themen zur Auflockerung. Teilweise fühlte man sich an russische Tele-Shows für Familien erinnert.

Da fragte zum Beispiel Maksim Sacharow, ein 13 Jahre alter Jungjournalist, der in einer der ersten Reihen saß, ob es stimme, dass der Präsident manchmal ohne Blaulicht und Begleitschutz durch Moskau fährt. Putin bejahte die Frage und erzählte, er lande manchmal in dichtem Verkehr. Das sei interessant, weil er bei solchen Fahrten einiges vom Alltag in Moskau mitbekomme. Wegen der großen Arbeitsbelastung wohne er ja seit einiger Zeit konstant im Kreml und empfange dort auch privaten Besuch.

Kirill Baschenow, ein 23 Jahre alter Journalist aus Jekaterinburg hielt ein Schild hoch mit der Aufschrift „Olga, heirate mich“. Auf Nachfrage von Putin erklärte der Journalist, um zu heiraten, brauche er eine Wohnung. Aber er könne nicht 30 Jahre umgerechnet 500 Euro zur Tilgung einer Hypothek zahlen, nur um endlich Eigentümer einer Wohnung zu werden. Er hoffe, dass man „nicht den Banken“, sondern „der Jugend“ Geld gibt, damit sie sich ihre Zukunft aufbauen können.

Wladimir Putin antwortete dem Journalisten, es seien schon viele Maßnahmen zur Unterstützung junger Familien beschlossen worden, er wolle das jetzt nicht alles aufzählen. Er schlage vor, in einen Ort zu ziehen, wo die Hypotheken-Tilgung mit einem Zinssatz nicht von sechs, sondern zwei Prozent, möglich ist.

Die Geschichte des Journalisten Kirill endete auf jeden Fall glücklich. Gegen Ende der Presskonferenz meldete die Nachrichtenagentur Tass, „Olga aus Jekaterinburg“, habe eingewilligt, Kirill, mit dem sie schon acht Jahre zusammen ist, zu heiraten. Die Meldung wurde von den Moderatoren der Pressekonferenz laut verlesen und mit Beifall bedacht.

Wie motiviert man junge Russen zur Vater- und Mutterschaft?

Immer wieder wurde auf der Veranstaltung in Moskau das Thema Kinder und Geburtenrate angesprochen. Der russische Präsident erklärte, man könne mit dem Kinderkriegen nicht solange warten, bis man gut genug ausgebildet ist. Kinder seien Teil unseres Lebens. Und dann sagte Putin etwas sehr Ungewöhnliches. „Bei den Völkern des Kaukasus gibt es eine sehr gute Tradition: Sie lassen ihre Kinder in einem frühen Alter heiraten. Das ist richtig. Man muss sich daran ein Beispiel nehmen.“

Nach dem Eindruck des Autors dieser Zeilen werden diese Worte des Präsidenten nicht bei allen russischen Frauen auf Zustimmung stoßen. Denn das Selbstbewusstsein der Frauen in Russland ist groß und der Einfluss der Eltern auf eine Heirat geht nicht so weit wie im Kaukasus.

Man muss bedenken: Noch bis zu den 1980er Jahren war es in der Sowjetunion üblich, dass Jugendliche Anfang zwanzig heirateten. Für die Verheirateten erhöhte sich damals die Chance, eine Wohnung zu bekommen. Doch seit Ende der 1980er Jahre ist das frühe Heiraten nicht mehr angesagt.

Immerhin gestand Putin ein, dass sinkende Geburtenraten nicht nur ein Problem von Russland sind. Auch viele westliche Länder haben das Problem. In Russland sei die Geburtenrate auf 1,4 Kinder pro Mutter gesunken. In Japan und Südkorea, sei die Rate mit 0,8 und 0,7 Prozent noch niedriger. Russland brauche eine Rate von zwei Kindern pro Mutter, erklärte der russische Präsident.

Junge Menschen dazu zu bewegen, schon früh Kinder zu bekommen, das sei ein „sehr feiner Prozess“. Man müsse erreichen, dass das Kinderkriegen „zu einer Mode“ werde und dass die Menschen verstehen, „was für ein Glück es ist, Mutter und Vater zu werden“.

Der russische Präsident rief die Journalisten und Kulturschaffenden dazu auf, sich an der Propaganda für „das Kinderkriegen und die Vaterschaft“ zu beteiligen. Natürlich sei die materielle Seite wichtig. Aber noch wichtiger sei „die geistige Verfassung und das Verständnis für einfaches, menschliches Glück“.

Der russische Staat ist angesichts einer angespannten Wirtschaftslage auf zusätzliche Einkommen aus und kürzt soziale Leistungen. Davon berichtete eine Frau aus der Stadt Abalak. Sie habe sechs Kinder. Aber das Kindergeld sei ihr und ihrem Mann wegen einer geringfügigen Gehaltserhöhung gestrichen worden. Der russische Präsident zeigte sich empört. Er erklärte, das sei „ein Fehler der Regierung“. Diese Maßnahme sei „unmoralisch“.

Eine junge Frau berichtete, dass russische Mütter nach der Geburt nur eineinhalb Jahre eine Lohnersatz bezahlt bekommen. Da es sehr schwierig sei, einen Platz in den „Jasli“-Einrichtungen für Zwei- und Dreijährige zu bekommen, müsse man dann warten, bis das Kind drei Jahre alt ist und es in einem Kindergarten aufgenommen wird.

Der Kreml-Chef erklärte, es werde jetzt viel Geld für die Renovierung von Schulen und Kindergärten ausgegeben. Er schlug vor in den renovierten Kindergärten auch Plätze für Kleinkinder einzurichten.

Die Klage des Bäckers

Auf die Frage eines Journalisten welchen Effekt sich die russische Regierung von der Erhöhung der Mehrwertsteuer verspreche, antwortete Putin, einen „ausgeglichenen Haushalt“. Das sei im Großen und Ganzen gelungen. Die Mehrwertsteuererhöhung führe aber auch zu einem Wachsen der Schattenwirtschaft. Gegen dieses Anwachsen seien Maßnahmen nötig.

Per Video wurde ein Bäcker mit seiner Familie eingeblendet. Der Mann beklagte sich. Die letzten acht Jahre habe er mit seiner Bäckerei durch den Erwerb eines Patents wirtschaften können. Jetzt sei der bürokratische Aufwand durch die Einführung der Gewinn- und Mehrwertsteuer enorm gestiegen. Besser wäre, wenn der Staat einfach den Preis für das Patent für die Bewirtschaftung einer Bäckerei heraufsetzt.

Der russische Präsident erklärte, die neue Steuerpolitik gegenüber Kleinunternehmen habe die Regierung wegen nicht-legalen Importen eingeführt. Putin empfahl dem Mann eine bezahlte Buchhaltungsdienst von dritter Seite in Anspruch zu nehmen.

Was die Politik der russischen Zentralbank betrifft, die den Leitzins in diesen Tagen von 17 auf 16 Prozent senkte, gestand Putin ein, dass es an dem hohen Leitzins Kritik gibt. Kritische Ökonomen kritisieren seit langem, dass der hohe Leitzins die Investitionen bremst, weil Bankkredite zu teuer sind. Putin gestand ein, dass sich die Investitionstätigkeit in den ersten drei Quartalen dieses Jahres um 3,1 Prozent verringert habe.

Die Zentralbank begründet den hohen Leitzins mit der nötigen Eindämmung der Inflation, die offiziell allerdings bei nur 5,6 Prozent liegt. Doch viele Menschen haben beim Einkauf den Eindruck, dass sich die Preise verdoppelt haben.

Ausblick auf die Zukunft

Wie vor kurzem bekannt wurde, liegt das Wachstum des russischen Bruttoinlandsprodukts in diesem Jahr bei nur knapp einem Prozent. Dass Russlands Wirtschaft trotz massiver westlicher Sanktionen und Angriffen auf russische Raffinerien, Pipelines und Tanker nicht zusammenbricht, hängt damit zusammen, dass das Land erfolgreich eigene neue Produktionslinien aufbaut und dass sich die wirtschaftlichen Beziehungen zu China, Indien und anderen Ländern, die nicht zum Nato-Block gehören, gut entwickeln. Russland ist international nicht isoliert. Auf der Veranstaltung in Moskau erklärte Putin auf die Frage eines Korrespondenten aus China, Xi Jinping sei ein „verlässlicher Freund und Partner“ Russlands.

Putin erklärte auf der Veranstaltung außerdem, Russland sei „nicht gegen eine Zusammenarbeit mit der Nato“. Zu Zeiten von Clinton sei man auch nicht gegen eine Mitgliedschaft in der Nato gewesen, welche Clinton letztlich ablehnte. Positiv erwähnte Putin den SPD-Politiker Egon Bahr, der sich in den 1990er Jahren für ein gemeinsames Sicherheitssystem mit Russland ausgesprochen hat.

 

veröffentlicht in: Overton-Magazin

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