7. November 2017

Was denken Russen über die Oktoberrevolution?

Die Oktoberrevolution wird nur noch von einer Minderheit der Russen gefeiert. Doch das Ereignis hat immer noch große Bedeutung

Die Kommentatoren der deutschen Leitmedien sorgen sich um das Andenken der Oktober-Revolution. Man hört ihre Tränen tropfen. "Putin schaffte den 7. November als Feiertag ab", klagt die ARD-Korrespondentin in Washington, Ina Ruck. Doch das ist nicht ganz richtig. Schon 1992 unter Boris Jelzin wurde der 7. November als arbeitsfreier Feiertag abgeschafft und 1996 von Jelzin in "Tag der Versöhnung und Eintracht" umbenannt.

Dieser Feiertag wich 2005 dem „Tag der nationalen Einheit“, den Wladimir Putin auf den 4. November festgelegte. An diesem Tag wird seitdem dem Sieg im Jahr 1612 gedacht, als ein Heer russischer Freiwilliger unter Kusma Minin und Fürst Dmitri Poscharski polnische Besatzer aus dem Kreml vertrieb. Der neue Feiertag war die Antwort Russlands auf die orangene Revolution in Kiew. In der russischen Führung gab es die Befürchtung, die orangene Revolution könne in Russland Nachahmer finden.

Das 100. Jubiläum der Oktoberrevolution wird im russischen Fernsehen heute nur am Rande erwähnt. Im Zentrum der Berichterstattung steht eine Militärparade auf dem Roten Platz bei der den sowjetischen Soldaten gedacht wurde, die am 7. November 1941 direkt nach der Parade vor dem Kreml an die Front zogen, um Moskau vor der deutschen Wehrmacht zu verteidigen.

Und was denken, wie fühlen die einfachen Russen heute? Verdammt wird die Oktoberrevolution nur von Liberalen, Monarchisten und russischen Nationalisten. Für die große Masse der Bevölkerung aber ist unbestritten, dass die Revolution zu sozialem Fortschritt führte. Revolution und politischer Terror werden nicht gleichgesetzt. Das eine ist mit dem anderen nach Meinung der meisten Russen nicht zwangsläufig verbunden. Der Fernsehkanal NTW berichtete heute in seinem Nachrichtenprogramm, dass es durch die Oktoberrevolution kostenlose medizinische Versorgung und Bildung für die Bürger gab. Das Eingeständnis dieser historischen Tatsache in einem Nachrichtenprogramm ist durchaus keine Selbstverständlichkeit im russischen Fernsehen.

Wie eine Umfrage des Levada-Meinungsforschungszentrums ergab, erklärten nur 18 Prozent der Befragten, sie würden am 4. November den "Tag der nationalen Einheit" feiern. Immerhin 15 Prozent erklärten, sie würden am 7. November den Jahrestag der Oktoberrevolution feiern. Feiern kann man bekanntlich auch zuhause oder auf einer Kundgebung der KPRF. 57 Prozent der Befragten gaben an, sie würden keinen der beiden Tage feiern.

War das Alles? Nein. An den Abenden warten auf die Russen mehrere neue historische Fernseh-Serien über führende Revolutionäre. Gezeigt wird unter anderem die Serie "Trotzki" (Regisseur: Aleksandr Kott). In diesem Film überlebt Trotzki den Anschlag, den Stalins Häscher auf ihn verübt haben. Außerdem zu sehen ist die Fernseh-Serie "Dämon der Revolution" (Regisseur Wladimir Chotinenko). Die Hauptrolle in diesem Film spielt Aleksandr Parvus, der Lenin angeblich Geld aus Deutschland zur Finanzierung der Revolution besorgte. Mit den Fakten jonglieren die Regisseure recht frei, wie schon beim Film "Mathilde" (Regisseur: Aleksej Utschitel) in dem der letzte Zar, Nikolai II. - unter Verfälschung wesentlicher Fakten - als rührend-netter Mensch gezeigt wird.

veröffentlicht in: Blog in "der Freitag"-Community

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