10. April 2009

Aufruhr gegen Saakaschwili

Georgien. Der verlorene Krieg in Südossetien und präsidiale Selbstherrlichkeit zehren am Image des ehemaligen Revolutionärs.

Ulrich Heyden Tiflis (SN). Sie wollen nicht gehen, ehe Präsident Michail Saakaschwili zurückgetreten ist. Hunderttausend Menschen haben sich Donnerstag vor dem Parlamentsgebäude in Tiflis versammelt. 14 Parteien hatten zu der Großkundgebung aufgerufen. Führende Vertreter des Bündnisses sind der Weinunternehmer und ehemalige Präsidentschaftskandidat Lewan Gatschetschiladse, die ehemalige Parlamentssprecherin Nino Burdschanadse und die ehemalige Außenministerin Salome Surabischwili.

Die Oppositionsparteien, die sich wegen des Kriegs mit Russland mit ihrer Kritik zurückgehalten hatten, scheinen nun zum Äußersten entschlossen. Der ehemalige georgische Präsident Eduard Schewardnadse erklärte, ein Kompromiss zwischen Opposition und Regierung sei „nicht erreichbar“. Der einzige Ausweg sei der Rücktritt des Präsidenten.

Die georgische Regierung versuchte die Proteststimmung in der Bevölkerung durch Zugeständnisse zu dämpfen. So wurde eine Wahlrechtsreform in Aussicht gestellt. Danach soll der Bürgermeister von Tiflis in Zukunft direkt von den Bürgern der Stadt gewählt werden. Der georgische Innenminister Wano Merabischwili versprach „maximale Toleranz“ gegenüber den Demonstranten. Offenbar hofft er, dass sich die Kundgebung verläuft.

Das Ansehen Saakaschwilis, im November 2003 noch Hoffnungsträger der Rosenrevolution, ist stark gesunken. Der georgische Präsident hat zwar die Wirtschaft reformiert, doch der Durchschnittslohn in Georgien liegt immer noch bei 70 Dollar im Monat. Auch private Eskapaden schadeten seinem Image. Dass der Präsident zur Nackenmassage mit seinem Privatjet eine junge Masseurin mit dem Künstlernamen Dr. Dot einfliegen ließ, sorgte in Georgien für einen Skandal. Als die vollbusige junge Dame nach den Gründen für den steifen Nacken des Präsidenten fragte, soll dieser gesagt haben, „Russland sitzt mir im Nacken“. Das zumindest berichtete später die Masseurin, die auch schon internationale Rockstars verwöhnt hat.

"Salzburger Nachrichten"

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