Ein Bär von Putins Gnaden
Wahlgeschenke zum Auftakt des russischen Präsidentschaftswahlkampfs
Dmitri Medwedew, so er zum Präsidenten gewählt wird, verhilft seinem Vorgänger Wladimir Putin zu einem neuen Posten. Der will unter Medwedew als Premier regieren.
ww
Ein „Medwed“ − auf Russisch Bär − soll ab Mai 2008 die Geschäfte
 im Kreml führen. Gestern
 wurde Dmitri Medwedew,
 derzeit noch Vizeministerpräsident
 und Aufsichtsratschef bei
 Gazprom, von 479 Delegierten
 der Kreml-Partei „Geeintes Russland“
 zum Präsidentschaftskandidaten
 gewählt. Es gab nur
 eine Gegenstimme.
 Die Wahl war reine Formsache,
 denn Wladimir Putin hatte
 sich bereits für Medwedew als
 seinen Nachfolger ausgesprochen.
 Bedeutender als die Nominierung
 Medwedews war,
 dass Putin sein Schweigen
 brach und erklärte, er werde −
 wenn Medwedew zum Präsidenten
 gewählt wird − den Posten
 des Premiers übernehmen.
 Medwedew hatte vor einer Woche
 diesen Vorschlag gemacht.
 Bisher fällt es allerdings schwer
 sich vorzustellen, dass Putin
 zur Berichterstattung in den
 Kreml kommt und − wie in solchen
 Fällen üblich − mit demütigem
 Blick und leicht gesenktem
 Haupt an einem Nebentisch
 Platz nimmt. Doch offenbar
 wollen die beiden Politiker
 die nächsten Jahre als Tandem
 arbeiten.
 Medwedew, der bisher eher
 wie ein braver Schüler wirkt,
 gab sich nach Bekanntgabe des
 Stimmenergebnisses entschlossen.
 Er, der bisher die Sonderprogramme,
 Wohnungsbau, Bildung,
 Landwirtschaft und Gesundheit
 geleitet hatte, erklärte,
 er wolle die soziale Sphäre
 „wesentlich effektiver“ gestalten,
 „nicht für einzelne Gruppen
 der Bevölkerung, sondern
 für alle Bürger“. Er versprach
 die Förderung der Wissenschaft,
 der Ausbildung, der Gesundheit
 „und aller Sphären, die das
 Humankapital beeinflussen“. Er
 wolle ein „blühendes, sozial orientiertes
 Russland“ schaffen.
 Beobachter hatte gemutmaßt,
 dass in Russland unter dem
 nächsten Präsidenten unpopuläre
 Sozialreformen anstehen
 und Putin sich in Deckung
 bringt, doch über Unpopuläres
 lässt man in Moskau bisher
 kein Wort fallen.
 Heute wird Medwedew mit
 dem deutschen Außenminister
 zusammentreffen. Im sibirischen
 Juschnoje-Russkoje wird
 die Förderung in einem mit
 deutscher Beteiligung erschlossenen
 Gasfeld eröffnet. Aus
 diesem Anlass besucht Steinmeier
 die Gazprom-Zentrale in
 Moskau. Nach der Eröffnung
 ist ein Gespräch mit Medwedew
 geplant. In der Residenz
 des deutschen Botschafters
 trifft Steinmeier außerdem mit
 Vertretern von Menschenrechtsgruppen
 zusammen. 
"Thüringer Allgemeine"

Patrik Baab: «2022 konnte Deutschland endlich mal die Russen anklagen.» (Globalbridge)














