Erlebnisse auf dem Weg nach Scholzonien
Es begab sich in einer Zeit, als das Reisen beschwerlich war.
Man reiste zwar nicht mehr mit Kutschen, sondern mit Flugzeugen,
aber die Flugzeuge flogen nicht direkt zum Ziel.
Sie flogen kreisförmige Routen,
so als ob sie von einem Magneten abgestoßen wurden.
In dieser Zeit also - es war im Januar 2024 -
wollten ein Deutscher und eine Russin aus Moskowien,
Berlin, die Hauptstadt des Scholzenreiches, besuchen.
Obwohl dieses Reich schon ein großer Staat
mit "entwickelter Demokratie"
und kein Sammelsurium von Fürstentümern mehr war,
war man in Scholzonien auf Moskowiter nicht gut zu sprechen.
Die bekamen ein Visum nur nach Monaten Wartezeit,
wenn überhaupt.
Der Deutsche hatte einen deutschen Pass.
Die Russin hätte auf ein Visum lange müssen.
So blieb der Russin nichts anderes übrig,
als ein Visum für Griechenland zu beantragen.
Von dort wollte das Paar dann ins Scholzenreich fahren.
Nach Zwischenstopps in Kairo und Athen
landeten die Zwei schließlich auf Kreta.
Es war eigentlich nicht schlecht auf dieser Felseninsel.
Die Strände waren leer und in den Cafes,
saßen nur ein paar griechische Männer
und ein paar Deutsche,
die aussahen, wie Aussteiger.
In den Cafes fühlten sich die beiden Reisenden,
schnell so heimisch, wie an einem Familientisch.
Zum Frühstück gab es auf Wunsch sogar „Kascha“,
ein russischer Haferbrei,
den eine schöne Griechin mit einem bezaubernden Lächeln
servierte.
Das Wetter an der Südküste der Felseninsel,
war nicht beständig.
Sonne, Böen und Regen wechselten in schnellem Rhythmus.
Am diesigen Himmel war häufig ein Regenbogen zu sehen,
manchmal sogar zwei.
So eine massive LGTB-Propaganda
hatten die beiden Moskowiter nicht erwartet.
Die Tage gingen ins Land.
Die zwei Urlauber labten sich an Kascha und frischen Fischen,
die sie in ihrer Herberge in der Pfanne brutzelten.
Sie erkundeten die Gegend, stiefelten über Bergwiesen,
erfreuten sich am saftigen Grün und gelben Blümchen.
Ab und zu meckerten Ziegen,
aber sonst war nur das Rauschen des Windes zu hören.
Zwischen kalten und warmen Luftströmen gab es
in diesem griechischen Januar ein ständiges Ringen.
Heftige Böen trieben ihr Spiel mit den Meereswellen.
Sie wurden in die Luft geschleudert
und zerstoben in Tausend Wassertropfen.
Beim Anblick dieses Schauspiels
hatte man das Gefühl,
dass man selbst ein Wassertropfen war,
nicht wissend,
ob man zum Meer oder zum Himmel gehört.
Als die beiden Reisenden schließlich in Berlin ankamen,
fühlten sie sich beschwingt
und bereit
durch Scholzonien
– über das man in Moskowien nur hinter vorgehaltener Hand sprach –
zu reisen
und zu erkunden,
wie man über das Russen-Reich wirklich denkt.
UH, 20.03.24