Höchstleistungen mit plötzlicher Todesfolge
In den vergangenen vier Wochen starben in Russland drei junge Sportler – Als Kamikaze-Kämpfer von Sport-Industrie verheizt
Moskau. Die Sport-Fans zwischen Kaliningrad und Wladiwostok rätseln über den plötzlichen Tod von gleich drei Sportlern in den letzten vier Wochen. Der 19-jährige Eishockey-Spieler Aleksej Tscherepanow vom Verein „Avantgard“ in Omsk und der 16-jährige Kudo-Sportler Artjom Korotkow aus Nowosibirsk fielen in einer Turnier-Pause plötzlich mit Herzversagen um. Der 30-jährige Juri Lawrenjuk, Stürmer des Eishockey-Clubs „Sokol“ aus dem sibirischen Krasnojarsk starb überraschend mit hohem Fieber. Die Ärzte vermuteten Tuberkulose.
Artjom Korotkow, der seit dem zehnten Lebensjahr den japanischen Kampfsport Kudo – eine Mischung aus Karate und Boxen – betrieb, galt zwar als kerngesund, doch zum Turnier in der sibirischen Stadt Kemerow kam er mit einer medizinischen Bescheinigung, die in Polikliniken gegen ein Trinkgeld ausgestellt wird. Der16-jährige Sportler hatte offenbar keine Zeit für eine gründliche Untersuchung, obwohl die ihm vielleicht das Leben gerettet hätte. Nach Meinung des Sport-Arztes Wladimir Bakischejew besteht bei Kampfsportlern die Gefahr von Herzrhythmusstörungen.Der Nachwuchs-Sportler kassierte beim Kampf zwei leichte Schläge. In der Pause fiel der16-jährige dann plötzlich um. Ein Trainer versuchte ihn künstlich zu beatmen, doch ohne Erfolg. Auch der Versuch, das Herz des Jungen mit leichten Stromstößen wieder in Gang zu setzen, holte ihn nicht ins Leben zurück.
Die Serie der plötzlichen Todesfälle in Russland begann am 13. Oktober mit dem Tod des Eishockey-Stürmer, Aleksej Tscherepanow. Bei einem Spiel zwischen„Witjas“ Tschechow und „Avantgard“ Omsk sackte der 19-Jährigeauf der Ersatzspielerbank plötzlich bewusstlos zusammen.Tscherepanow galt als kerngesund und hatte eine große Karrierevor sich. Dieses Jahr sollte er beim NHL-Club New York Rangers einsteigen. Doch Aleksej wachte in der Spielpause nicht wieder auf.
Schlamperei wurde ihm zum Verängnis. Ein Notarzt traf erst nach 20 Minuten ein. Das Gerät zur Herzstimulierung an Bord des Wagens funktionierte nicht. Die Ärzte diagnostizierten Herzversagen. Das Untersuchungskomitee der Staatsanwaltschaft teilte mit, dass man wegen Doping-Verdacht ermittelt. Die Obduktion ergab, dass das Herz von Tscherepanow nicht 290 Gramm wog, wie es die Normist, sondern 495 Gramm.
Das Setzen auf Höchstleistungen und schnelle Erfolge wird dem russischen Sport offensichtlich jetzt zum Verhängnis. Die Ärztedrücken beide Augen zu, Hauptsache der Sportler bringt Geld. Das Massenblatt „Komsomolskaja Prawda“ schreibt, es dürfe nicht angehen, dass die Sportler, wegen der steigenden Konkurrenz „ihren Organismus vergewaltigen“ und als Kamikaze-Kämpfer von der Sport-Industrie verheizt werden. Nach dem Tod des Jung-Stars aus Omsk ließ die russische Kontinental Hockey League 49 Nach-wuchsspieler unter 20 Jahren vom Rehabilitations-Zentrum in Moskau untersuchen. Bei fünf Spielern diagnostizierte man Herz-Kreis-laufprobleme. Sie sollen vorerst nicht mehr eingesetzt werden.
"Nordsee-Zeitung"