10. March 2008

Merkel trifft sich mit neuem Kreml-Chef

Die Kanzlerin bekräftigt bei ihren Gesprächen in Moskau die Partnerschaft mit Russland.

Angela Merkel hatte es eilig. Sechs Tage nach der russischen Präsidentschaftswahl fuhr die Bundeskanzlerin nach Moskau, um sich vom scheidenden Präsidenten Wladimir Putin zu verabschieden und den designierten Kreml-Chef Dmitri Medwedjew zu treffen. Die Kanzlerin war der erste ausländische Staatsgast, den Medwedjew nach seiner Wahl zum Präsidenten empfing. Beide Seiten demonstrierten, wie wichtig ihnen das gute Verhältnis ist. Merkel sprach von strategischer Partnerschaft und der wichtigen Rolle Russlands bei der Lösung internationaler Probleme.

Gespräch im Lustschloss

Medwedjew empfing die Kanzlerin am Eingang des Lustschlösschens Meiendorf mit einem Blumen-Strauß. Das Schloss, das zehn Kilometer westlich von Moskau liegt, hatte ein russischer Generals 1847 für seine Tochter bauen lassen. Im Kaminzimmer erklärte der neugewählte Präsident, „ich rechne auf die Fortsetzung der freundschaftlichen Beziehungen auf dem Niveau, das es zwischen Ihnen und Präsident Putin gab“. Die Worte klangen einstudiert.

Die Kanzlerin hatte es nicht einfach, für ihr künftiges Verhältnis zu Medwedjew und Putin die richtigen Worte zu finden. Noch ist ja nicht klar, wie die Aufgabenbereiche zwischen Medwedjew und dem zukünftigen Ministerpräsidenten verteilt werden. Die Kanzlerin erklärte, es sei „kein richtiger Abschied“ von Putin. Sie werde in Zukunft natürlich vor allem mit Medwedjew telefonieren – aber auch mit Putin, der sich ja nicht aus der Politik verabschiede.

Putin warnte vor falschen Erwartungen hinsichtlich eines neuen Kurses. Medwedjew sei nicht gezwungen, ständig seine „liberalen Ansichten“ zu zeigen. „Er ist nicht weniger ein russischer Nationalist als ich. Ich denke nicht, dass unsere Partner es leichter mit ihm haben werden.“ Medwedjew werde auf der internationale Bühne „aktiv“ die Interessen Russlands vertreten, sagte Putin. Bei dem Treffen mit Medwedjew wollte die Kanzlerin dieser Aussage auf den Grund gehen. „Putin hat mir gesagt, dass es mit Ihnen nicht einfacher wird als mit ihm.“ Medwedjew lächelte und flüchtete sich in höfliche Floskeln. „Es wird Offenheit und Freundschaftlichkeit geben, die unsere Länder immer verbunden haben“, sagte er.

Bei dem Treffen mit Putin wurden auch strittige Themen angesprochen, wie die Nato-Erweiterung und die Unabhängigkeit des Kosovo. Beide Seiten waren bemüht, der Zusammenkunft einen insgesamt freundlichen Charakter zu geben. Merkel erklärte, sie habe mit Putin die kritischen Punkte im Bereich der Zivilgesellschaft und bei den internationalen Fragen „nie ausgeklammert“. Man habe aber darüber immer „im Geist der strategischen Partnerschaft“ gesprochen.

Wende im Fall Chodorkowski?


Angesprochen auf die Ermittlungen zum Mordfall Anna Politkowskaja, sagte Putin, dass die Untersuchungen „bis zu ihrem logischen Ende“ geführt werden. Er wisse aber nicht, wann das sein werde. „Je eher, je besser.“ Eine Begnadigung des ehemaligen „Yukos“-Chefs Michail Chodorkowski, der seit Oktober 2005 in Sibirien eine achtjährige Haftstrafe absitzt, schloss Putin nicht aus. „Die Frage der Begnadigung liegt im Verantwortungsbereich des Präsidenten der Russischen Föderation.“ Das klang so, als ob Putin-Nachfolger Medwedjew in dem Fall freie Hand für eine neue Entscheidung hat.

"Sächsische Zeitung"

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