26. August 2025

Neue ukrainische „Wunderwaffe“ und Drohnenangriffe auf russische Raffinerien (Globalbridge)

News Pravda com
Foto: News Pravda com

25. August 2025 Von: in MilitärPolitik

Am 21. August hat Wolodymyr Selenskyj den Produktionsstart eines ukrainischen Raketenprojekts mit dem Namen „Flamingo“ bekannt gegeben. Dabei handelt es sich um eine 6.000 Kilogramm schwere, bunkerbrechende Lenkwaffe mit 3.000 Kilometer Reichweite, die angeblich bis zum Ural fliegen und damit die russische Drohnen-Produktion und andere Industrie-Anlagen gefährden könnte. Ob es sich bei Flamingo um eine ukrainische Rakete handelt, ist umstritten, denn die Rakete ist nach Meinung russischer Militärexperten der britischen Lenkwaffe FP-5 sehr ähnlich. Raketen aus westlicher Produktion haben der Ukraine bisher nicht zum Sieg verholfen. Auf ukrainischer Seite im Einsatz waren bisher die US-amerikanischen Raketen HIMARS und ATACMS sowie die Raketen Storm Shadow aus Großbritannien und Scalp aus Frankreich. 

Die ersten Fotos von der Rakete „Flamingo“ tauchten am 17. August im Internet auf. Die Fotos stammten von der amerikanischen Nachrichtenagentur AP. Es folgten weitere Fotos und ein Video (1) aus der Fabrik in anderen Medien.

Ukrainische Kommentatoren – etwa auf dem russischsprachigen Video-Kanal Freedom (2)  – berichteten mit Begeisterung über die neue Rakete. Auch in den deutschen Mainstream-Medien fand die Bekanntgabe der neuen ukrainischen Raketenproduktion ein sehr positives Echo (3).

Ein russischer Militär-Experte meinte jedoch, das Ganze sei eine Simulation. Man habe herausgefunden, dass die Fabrikhalle, die auf den Fotos von AP zu sehen ist, verblüffende Ähnlichkeit mit einer Lagerhalle in einem Dorf vor Kiew habe. Irgendetwas stimme da nicht. (4) 

In der Ukraine gibt es bereits Kritik, dass Selenskyj, um einen Erfolg verkünden zu können, die Produktionshallen der neuen Rakete einem russischen Luftangriff aussetzt.

Ukrainische oder britische Rakete?

Hersteller der Rakete ist die ukrainische Firma FirePoint. Die Startup-Firma wurde 2021 gegründet. Das Unternehmen will 50 Raketen im Monat produzieren. Die Produktionsleiterin, Irina Terex, erklärte, zurzeit baue man am Tag eine Rakete. Im Oktober sollen es am Tag sieben Stück sein. 

Russische Militär-Experten bezweifeln, dass es sich um eine ukrainische Rakete handelt. Die Flamingo-Lenkwaffe habe große Ähnlichkeit mit der Lenkwaffe FP-5, die von der britischen Milanion Group hergestellt wird. Mit diesem Unternehmen arbeitet die Ukraine seit 2021 zusammen. 

Russische Internet-Portale meinten, dass die Ukraine die Flamingo-Rakete selbst produziert habe, sei höchst unwahrscheinlich. Es gäbe zwar noch Betriebe in der Ukraine, die sich schon zu Sowjetzeiten auf Raketentechnologie spezialisiert haben, wie Arsenal, Motor Sitsch und Lutsch, aber eine völlig neue Produktion aufzubauen, die aus vielen Produktionsabschnitten besteht, sei unter den Bedingungen ständiger russischer Luftangriffe „unwahrscheinlich“, meinte der russische Oberst und Militärexperte Michail Chodarenok gegenüber dem russischen Internetportal Gazeta.ru. Damit die Rakete überhaupt Einfluss auf das Kriegsgeschehen habe, brauche man 5.000 Stück. 

Groß und schwer wie ein kleines Flugzeug

Die britische Rakete FP-5, die der Flamingo-Rakete ähnelt, ist mit einer Spannweite von sechs Metern sehr groß. Mit einem Gewicht von 6.000 Kilogramm ist sie etwa so schwer wie ein kleines Flugzeug. Allein der Gefechtskopf einer FP-5 hat ein Gewicht von 1.000 Kilogramm. Die Höchstgeschwindigkeit der Rakete beträgt 950 km in der Stunde. 

Zum Vergleich: Eine MiG 15 hat das Gewicht von 4.960 Kilogramm. Die amerikanische Lenkwaffe Tomahawk hat das Gewicht von 1.500 Kilogramm. 

Im ukrainischen Video-Kanal Freedom wurde die Nachricht von der neuen „Wunderwaffe“ mit vielen Experten-Interviews begleitet. Die ukrainischen Militär-Experten schwärmten geradezu von der Rakete. Allerdings werde es nicht einfach sein, der russischen Luftabwehr zu entkommen, meinte einer der Spezialisten. 

Die Frage, ob Russland auf die Flamingo-Produktion in der Ukraine militärisch reagieren wird, wurde in den Experten-Runden beim Kanal Freedom ausgeklammert.

Geld und Expertenwissen aus Deutschland

Wie der russische Telegram-Kanal „Kriegschronik“ berichtete, komme Geld für die Flamingo-Produktion aus Deutschland. Im Mai wurden dem ukrainischen Präsidenten Selenskyj bei einem Besuch in Berlin 400 Millionen Euro für den Bau von weitreichenden Drohnen zugesichert. Kiew hat um Geld für die Drohnen BARS und AI-196 sowie für das Projekt Flamingo gebeten. 

Der deutsche Generalmajor und designierte Inspekteur des Heeres, Christian Freuding, erklärte Mitte Juli gegenüber „ZDF heute“ (5), Deutschland werde die Ukraine mit der Finanzierung weitreichender Raketen unterstützen. Freuding ist Leiter des Sonderstabs Ukraine im Bundesverteidigungsministerium und verantwortlich für die Koordinierung der Waffenunterstützung für die Ukraine.

Die Ukraine brauche Waffensysteme, die weit auch in die Tiefe des russischen Raumes reichen, die Depots, Führungseinrichtungen, Flugplätze und Flugzeuge angreifen können, so Freuding. Auch Deutschland sei „bereit, solche Waffensysteme zur Verfügung zu stellen“.

Ende Juli sollten die ersten weitreichenden Waffensysteme geliefert werden. Dabei handele es sich um eine von Deutschland initiierte Vereinbarung zwischen dem ukrainischen Verteidigungsministerium und der ukrainischen Industrie, erklärte Freuding. Geplant sei eine „hohe dreistellige Stückzahl“. Das werde die ukrainischen Fähigkeiten in den nächsten Wochen und Monaten massiv verstärken.

Russland meldet Zerstörung der ukrainischen Sapsan-Raketen-Produktion

Russland reagiert auf die Versuche des Westens, in der Ukraine bei der Produktion von Waffen zu helfen, seit Monaten mit kombinierten Angriffen von Drohnen und Raketen auf ukrainische Waffen-Produktionsstätten. 

In der Nacht auf den 21. August griffen russische Drohnen das im äußersten Westen der Ukraine, nahe der Stadt Mukatschewo, gelegene US-amerikanische Elektronik-Unternehmen Flex an. Nach offiziellen Angaben wurden in der Fabrik der Firma Kaffeemaschinen hergestellt. Doch der russische Geheimdienst hatte offenbar Hinweise auf die Produktion von Elektronik-Bauteilen für den militärischen Bedarf. Die Fabrik brannte mehrere Tage. 

Doch es gab noch einen größeren Angriff. Am 14. August meldete das russische Verteidigungsministerium, man habe mit Drohnen und Raketen Fertigungsstätten für den in der Ukaine hergestellten neuen Raketenkomplex „Sapsan“ (6) zerstört. Wolodymyr Selenskyj hatte am 18. Juni 2025 den Start der Serienproduktion für den Raketenkomplex Sapsan angekündigt. Geplant war die Produktion von 200 Sapsan-Raketen.

Zerstört wurden die Chemische und Mechanische Fabrik in Pawlograd im Gebiet Dnjepropetrowsk, die Fabrik Swesda und das Forschungsinstitut für chemische Produkte in Schostk im Gebiet Sumsk, sowie ein Lager im Dorf Wakulentschuk im Gebiet Schitomir. 

Nach russischen Angaben begann die Ukraine mit der Ausarbeitung von Plänen für den Raketenkomplex Sapsan im Jahre 2006, also ein Jahr nach der Orangenen Revolution, die den prowestlichen Präsidenten Viktor Juschtschenko ins Amt brachte. Die Entwicklung des Raketenkomplexes wurde mehrmals für mehrere Jahre unterbrochen.

Die Pläne für Sapsan erarbeitete das ukrainische Konstruktionsbüro Juschnoje auf Grundlage sowjetischer Pläne. Die Reichweite des operativ-taktischen Raketenkomplexes Sapsan betrug zunächst 500 Kilometer. Nach Angaben der russischen Regierungszeitung „Rossiskaja Gaseta“ (7) konnte die Reichweite der Sapsan-Raketen mit Hilfe von Experten aus Deutschland auf 750 Kilometer gesteigert werden. 

Wie das russische Internetportal news.mail.ru berichtete, wurde die Produktion der Rakete von Deutschland finanziert. Für die Herstellung des Raketenkomplexes seien Spezialisten aus anderen europäischen Ländern eingesetzt worden.(8) In deutschen Medien habe ich keine Meldung über die Zerstörung der Sapsan-Fertigungsstätten gefunden. 

Ukrainische Drohnen-Angriffe auf russische Raffinerien

Selbst wenn die russische Armee am Boden seit Monaten vorrückt und fast unaufhörlich Produktionsstätten für militärisches Gerät in der Ukraine mit Raketen und Drohnen angreift, werden auch für Russland die ukrainischen Drohnenangriffe von Monat zu Monat gefährlicher. Die Ukraine würde Drohnen mit einer Reichweite von 1.000 bis 1.500 Kilometern einsetzen, heißt es im russischen Telegram-Kanal „Freiwillige von Novorossija“. Die Drohnen stammten von der Firma FirePoint. Eben diese Firma organisiert auch die Produktion der ukrainischen Flamingo-Rakete.

Gezielt haben die ukrainischen Drohnen die russischen Umschlagplätze für Öl in Ust-Luga am Finnischen Meerbusen und Novorossija am Schwarzen Meer angegriffen. Zudem wurde die russische „Druschba“-Öl-Pipeline im europäischen Teil von Russland durch ukrainische Drohnen beschädigt. 

Die ukrainischen Drohnen greifen auch gezielt russische Raffinerien an. Diese werden nicht einmal, sondern mehrere Male hintereinander angegriffen, was Reparaturarbeiten erschwert. 

Erschwerend kommt hinzu, dass die Raffinerien mit Technologien westlicher Firmen ausgerüstet sind. Seit 2022 liefern Firmen wie Shell, Axens, UOP oder Haldor Topsoe aber keine Ersatzteile mehr. Es gibt Ersatzteile aus chinesischer Produktion, aber deren Einbau kostet mehr Zeit. Außerdem seien die chinesischen Ersatzteile von schlechterer Qualität, heißt es in dem Telegram-Kanal der „Freiwilligen von Novorossija“.

Die Folgen der Angriffe auf die russischen Raffinerien sind erheblich. Die Kapazität der russischen Raffinerien hat sich durch die ukrainischen Drohnenangriffe im Sommer dieses Jahres um 14 Prozent verringert. Die Preise für Benzin und Diesel sind deshalb massiv gestiegen. Im russischen Fernost-Gebiet Primorje gäbe es schon kilometerlange Schlangen vor den Tankstellen, heißt es im Telegram-Kanal der „Freiwilligen“. 

Über Schlangen vor Tankstellen im europäischen Teil Russlands berichteten russische Medien nicht. Für Russland ist die Entwicklung auf dem Benzinmarkt unangenehm, denn sie hat direkten Einfluss auf den Alltag von Millionen Menschen. 

Dem Patriotismus wird die Lage auf dem Benzin-Markt aber keinen Abbruch tun. Die russische Gesellschaft hat sich seit 2022 politisch konsolidiert. Die Mehrheit der Bevölkerung folgt den russischen Politikern und Medien, die erklären, dass man nicht gegen die Ukraine kämpft, sondern gegen die NATO in der Ukraine. Gegen den Krieg in der Ukraine sind nur wenige. In den Medien haben Kriegsgegner keine Stimme. 

Anmerkungen
(1) https://t.me/stranaua/207525
(2) https://www.youtube.com/watch?v=IhNlEPhJ-ko&t=373s
(3) https://www.focus.de/politik/ausland/flamingo-fliegt-weiter-als-taurus-neue-ukraine-waffe-erreicht-sogar-moskau_58780c8f-a922-49bb-9119-4d61e4ffe719.html
(4) https://www.mk.ru/politics/2025/08/22/vsu-v-beshenstve-izza-sliva-zelenskim-sekretnogo-zavoda-ne-uspeli-dostroit-a-uzhe-trubim.html
(5) https://www.zdfheute.de/politik/ausland/waffen-unterstuetzung-deutschland-ukraine-krieg-russland-100.html
(6) https://de.topwar.ru/263624-ukrainskij-otrk-sapsan-bez-perspektiv-i-pod-ugrozoj.html  
(7) https://rg.ru/2025/08/14/celiu-byla-i-moskva.html
(8) https://news.mail.ru/politics/67437543/

(Red.) Siehe zu dieser Thematik auch die Meldung Großbritanniens, die Ausbildung ukrainischer Truppen bis Ende 2026 zu verlängern:

«Die britische Ausbildung ukrainischer Truppen, Operation INTERFLEX, wurde anlässlich des ukrainischen Unabhängigkeitstags bis 2026 verlängert.

Laut einer heute von Whitehall veröffentlichten Erklärung „werden ukrainische Soldaten durch die fachkundige Ausbildung des britischen Militärs weitere Unterstützung erhalten, da die Regierung am ukrainischen Unabhängigkeitstag die Verlängerung des weltweit führenden Ausbildungsprogramms des Vereinigten Königreichs bekannt gibt“.

In der heutigen Erklärung heißt es außerdem:

  • Das Vereinigte Königreich verstärkt und entwickelt seine Ausbildungsunterstützung weiter, um sicherzustellen, dass die ukrainischen Streitkräfte bei der Abwehr der anhaltenden russischen Angriffe in einer möglichst starken Position sind, und um durch die Unterstützung des Wiederaufbaus der ukrainischen Streitkräfte weitere russische Aggressionen im Rahmen eines künftigen Friedensabkommens zu verhindern.
  • Die Verlängerung der Operation INTERFLEX bis mindestens Ende 2026 wurde vom Verteidigungsminister im Rahmen der heutigen Feierlichkeiten in der Ukraine bekannt gegeben, die 34 Jahre nach der Unabhängigkeitserklärung von der Sowjetunion stattfanden.
  • Bislang wurden mehr als 50.000 ukrainische Rekruten auf britischem Boden ausgebildet, wobei das Vereinigte Königreich zusammen mit 13 anderen Nationen das INTERFLEX-Programm als eines der weltweit größten Programme dieser Art unterstützt.
  • Die INTERFLEX-Ausbildung begann als fünfwöchiger Kurs zur Vermittlung grundlegender Kampffertigkeiten für Rekruten. Nach kontinuierlichem Feedback und Dialog mit den ukrainischen Streitkräften wurde sie jedoch zu einem siebenwöchigen Kurs ausgebaut und bietet nun alternative Kurse an, die speziell auf die Förderung der Führungs- und Kommandofähigkeiten des Personals zugeschnitten sind. Dabei wurden neue Kurse eingeführt, die auf die Dienstalter der Auszubildenden abgestimmt sind.»

Zur Originalmeldung auf Joint-Forces.com.

 

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