7. January 2009

Pipelines alleine reichen nicht

Ein Vertrag über den Energie-Transport muss her

Von Ulrich Heyden

Die deutschen Gas-Versorger beruhigen uns: Man sei auf den Gas-Streit zwischen Russland und der Ukraine vorbereitet. Zwölf riesige Gas-Speicher stehen bereit. Doch wenn der Streit zwischen Moskau und Kiew weiter eskaliert, können auch die deutschen Erdgas-Lieferanten keine hundertprozentige Sicherheit garantieren.

Was aber tun? Die Härte, mit der das russische Unternehmen Gazprom und der ukrainische Naftogas-Konzern den Kampf um den Gas-Preis für 2009 führen, lässt nur einen Schluss zu: Das ist kein normaler Streit zwischen zwei Unternehmen sondern ein Streit zwischen Ländern, die beide stark von der Finanzkrise betroffen sind. Insbesondere der Ukraine steht das Wasser bis zum Hals. Sie hat nichts mehr zu verlieren. Um den Staatsbankrott abzuwenden, musste Kiew einen 16-Milliarden-Dollar Kredit beim Internationalen Währungsfond aufnehmen. Doch auf allzu viel Sympathie braucht die Ukraine beim Gas-Streit nicht zu hoffen, denn Gazprom hat keinen überdurchschnittlichen Preis verlangt. 250 Dollar sind weit weniger als der Gaspreis in Europa, der bei 500 Dollar liegt. Trotzdem hofft man in Kiew offenbar, dass die EU der Ukraine in der Auseinandersetzung mit dem großen Russland zur Seite steht.

Und Russland? Auch Gazprom ist von der Finanzkrise betroffen und hat den Staat bereits um Hilfen angebettelt. Für Sonderkonditionen gegenüber der Ukraine sieht man in Moskau auch keinen Grund, weil der ukrainische Präsident Viktor Juschtschenko Panzer und Raketen nach Georgien und die Ukraine gegen Moskaus Willen unbedingt in die Nato führen will.

Und der von Gerhard Schröder unterstützte Plan einer Gas-Pipeline durch die Ostsee? Gas-Transport ohne Transit-Länder, wäre das nicht die Lösung des Problems? Sicher ist: Je mehr Pipelines es zwischen Russland, dem kaspischen Raum und Europa gibt, desto weniger können einzelne Länder ihre Macht-Position ausnutzen. Die deutsche Volkswirtschaft verträgt nun mal keine Störungen bei der Energie-Lieferung, das hat mit der Sympathie für Russland, Polen oder die Ukraine nichts zu tun.

Doch auch die Ostsee-Pipeline löst nicht alle Probleme. Letztlich wird nur Frieden in Europa einkehren, wenn sich Russland, die Ukraine und die EU an einen Tisch setzen und einen Vertrag über den Energie-Transport aushandeln. Das wäre ein großer Schritt für die Entspannung auf unserem Kontinent. Doch solche Verhandlungen wird es erst geben, wenn eine aufgeweckte Öffentlichkeit in Europa diese fordert. Denn leider gibt es Politiker, die sich an dem Gas-Streit die Hände wärmen.

"Saarbrücker Zeitung"

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