14. January 2010

Pleite bei Überwachung

Private Sicherheitsfirma trickste Moskaus Behörden mit alten Videos aus

ULRICH HEYDEN

MOSKAU (SN). Wer glaubte, in Russland würden die Bürger auf Schritt und Tritt überwacht, wird in diesen Tagen eines Besseren belehrt. Eine Überprüfung von Überwachungskameras im Nordosten Moskaus ergab, dass viele Kameras, welche die öffentliche Sicherheit auf Plätzen und vor Wohnhäusern sicherstellen sollen, abgeschaltet waren. Statt aktueller Bilder sendete die private Sicherheitsfirma Strojmontaschservis alte Videoaufnahmen an die Polizei.

Die Videoaufnahmen, die Straßenkriminalität und Terrorismus verhindern helfen sollen, werden in geheimen Überwachungszentren in den Bezirken Moskaus ausgewertet und können auch in der Moskauer Polizeizentrale eingesehen werden.

Die Einrichtung des 2003 vom Moskauer Bürgermeister Juri Luschkow gestarteten Videoüberwachungsprogramms mit dem Namen „Sichere Stadt“, kostete die Stadt 140 Mill. Euro. Die jährlichen Betriebskosten des Überwachungssystems belaufen sich auf zusätzliche 46 Mill. Euro im Jahr. Doch das System hat „keinen Nutzen“, wie der Leiter des Moskauer Untersuchungskomitees, Anatoli Bagmet, im November 2009 eingestand. Das System hat große Lücken, denn unter den privaten Sicherheitsfirmen sind offenbar einige, die hoffen, mit der Videoüberwachung schnelles Geld zu verdienen.

Moskauer Sicherheitskräfte verhafteten, wie jetzt bekannt wurde, Ende Dezember den Unternehmer Dmitri Kudrjawzew.
Der 32-Jährige, dem Betrug vorgeworfen wird, sitzt jetzt im Untersuchungsgefängnis. Kudrjawzew ist Besitzer einer Juwelierfirma, gilt jedoch als faktischer Besitzer von Strojmontaschservis. Die private Firma ist im Nordosten und Südwesten Moskaus für die Videoüberwachung von Wohnhäusern, Straßen und öffentlichen Plätzen zuständig. Allein für ihre Dienste im Nordosten der Stadt kassierte Strojmontaschservis 700.000 Euro aus dem Stadtbudget. Die Sicherheitsfirma soll auch einen Computervirus entwickelt haben. Damit wurde die Videoüberwachung im Westen Moskaus, für die eine konkurrierende private Sicherheitsfirma zuständig war, lahmgelegt.

"Salzburger Nachrichten"

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