18. February 2008

Russland klammert sich an die UNO

Moskau wartet gespannt, wer den Kosovo anerkennt. Man setzt auf Kritiker eines unabhängigen Kosovo in der EU und den UNO-Generalsekretär, der sich bisher nicht eindeutig geäußert hat.

Bis zuletzt hat Moskau versucht, die Unabhängigkeitserklärung des Kosovo abzuwenden. Wie die Moskauer Zeitung „Kommersant“ unter Berufung auf Informanten „im Umkreis des Kreml“ berichtete, schickte Putin am Wochenende „emotionale Botschaften“ an die Vertreter westlicher Staaten, in denen er gegen die Unabhängigkeit des Kosovo argumentierte.

Über die Demonstrationen der Freude in Prischtina berichteten die staatlichen russischen Fernsehkanäle ohne bösen Unterton. Man hatte fast den Eindruck, dass Russland die Unabhängigkeit des Kosovo hingenommen hat. Doch der erste Eindruck täuschte. Das Fernsehen berichtete auch über die Unruhen in Belgrad in anderen Städten Serbiens. Außerdem wurden die Fernsehzuschauer daran erinnert, dass die Nato 1998 „auf der Seite der Aufständischen“ in den bewaffneten Konflikt eingegriffen habe. Viele Russen fürchten, dass die Unabhängigkeit des Kosovo einen Präzendensfall schaffen könnte und Separatisten in Russland ermutigt.

Annullierung der Unabhängigkeitserklärung gefordert


Das offizielle Moskau hat, wie zu erwarten war, die Unabhängigkeitserklärung des Kosovo scharf kritisiert. In einer am Sonntag veröffentlichten Erklärung des russischen Außenministeriums, heißt es, die Erklärung „der Selbstverwaltungsorgane des Kosovo“ „verletzen die Souveränität der Republik Serbien, das Statut der UNO und die Resolution 1244.“ Die UNO-Mission und die Streitkräften der Nato im Kosovo müssten „die Entscheidung der Selbstverwaltungsorgane von Prischtina annulieren“ und die Verantwortlichen bestrafen. Die Unabhängigkeitserklärung führe „zu neuen Konflikten auf dem Balkan.“ „Wer darüber nachdenkt, den Separatismus zu unterstützen“, solle sich über „die gefährlichen Konsequenzen“ für „die internationale Stabilität im Klaren sein“, heißt es in Anspielung auf die Staaten gewandt, welche eine Anerkennung des Kosovo planen.

UNO soll weiterhin die Verantwortung tragen

Russland klammert sich jetzt mit aller Macht an den UNO-Generalsekretär, welcher sich bisher zur Unabhängigkeit des Kosovo nicht eindeutig geäußert hat. Gegenüber dem russischen Fernsehen erklärte Russlands UNO-Vertreter Vitali Tschurkin, “wir haben alle gehört, wie der Generalsekretär der UNO bestätigte, dass die Resolution 1244 in Kraft bleibt. Nach seinen Worten hat die Mission der UNO im Kosovo nach wie vor die volle Verantwortung über den Kosovo.“
Russlands neuer Vertreter bei der Nato in Brüssel, Dmitri Rogosin, forderte von den Nato-Streitkräften im Kosovo ein „unparteiisches Verhalten“ und ein Handeln „im Rahmen des UN-Mandats“.
Kritik an dem Weg in die Unabhängigkeit gibt es nicht nur vom offiziellen Moskau. Die russische Menschenrechtsorganisation Memorial, eine von sowjetischen Dissidenten Ende der 80er Jahre gegründete Bürgerrechtsorganisation, hatte schon vor Wochen vor einer Unabhängigkeitserklärung gewarnt, da dies zu neuen Spannungen und Blutvergießen führen werde. Memorial verwies dabei auf die Erfahrungsschatz in Tschetschenien, Nagorni-Karabach und anderen Gebieten, wo nach dem Zerfall der Sowjetunion Bürgerkriege ausgebrochen waren.

Abchasien und Süd-Ossetien als Druckmittel


Am Freitag traf sich der russische Außenminister Sergej Lawrow in Moskau demonstrativ mit den Führern der nach Unabhängigkeit strebenden georgischen Provinzen, Abchasien und Süd-Ossetien. Putin hatte jedoch auf seiner großen Pressekonferenz letzte Woche im Kreml erklärt, man solle nicht damit rechnen, dass nach der Unabhängigkeitserklärung des Kosovo Russland automatisch Regionen auf dem Territorium der ehemaligen Sowjetunion als unabhängige Staaten anerkennt. Bisher hält Moskau diese Möglichkeit allerdings als Druckmittel gegenüber dem Westen in der Hinterhand. Noch hofft man, dass der Kosovo von möglichst wenig Staaten anerkannt wird und die Unabhängigkeitserklärung von Prischtina dadurch an Gewicht verliert.

(Veröffentlichung nur nach Rücksprache mit dem Autor)

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