3. September 2011

Russland verliert in Arabien an Gewicht

ulrich heyden moskau (SN). Russland beobachtet den Sturz des Regimes in Libyen mit Skepsis. Die größte Sorge Moskaus ist, dass islamistische Kräfte Einfluss gewinnen. Russlands Interessen im libyschen Öl- und Gasgeschäft scheinen gesichert. Angeblich hat der Übergangsrat die noch unter Gadafi geschlossenen Verträge nicht infrage gestellt. So erkannte Moskau die libysche Übergangsregierung als legitime Macht an.

Russlands Führung neigt dazu, beim Abwägen zwischen den Werten Demokratie und Souveränität eines Landes der Souveränität den Vorzug zu geben. Im Fall Libyen versucht der Kreml, eine Mittellinie zu finden. Moskau verzichtete im Frühjahr, als der UNO-Sicherheitsrat eine Resolution zur Einrichtung einer Flugverbotszone verabschiedete, auf ein Veto. Trotz seines zurückhaltenden Verhaltens will das offizielle Russland nun auch zu den Gratulanten der neuen Macht in Libyen gehören. „In jedem Fall freue ich mich ehrlich, dass sich das libysche Volk von der Diktatur befreit hat“, erklärte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses der Duma, Konstantin Kosatschow. Für Russland seien die Ereignisse in Libyen von großer Bedeutung.

Denn es gäbe „heiße Wünsche“, etwa vom republikanischen US-Senator John McCain, das Eingreifen in Libyen in anderen Ländern zu wiederholen.

Syrien sei der nächste „potenzielle Kandidat“ einer militärischen Einmischung von außen. In der syrischen Hafenstadt Tartus unterhält Russland einen Marinestützpunkt, der jetzt modernisiert werden soll.

Gipfel in Zentralasien

Vielleicht war es kein Zufall, dass gerade gestern, Freitag, in Duschanbe, der Hauptstadt Tadschikistans, ein Vierergipfel der Staatsoberhäupter von Russland, Pakistan, Afghanistan und des Gastgeberlandes stattfand. Im fernen Zentralasien ist sich Russland seines Einflusses noch sicher, den es in Nordafrika bereits weitgehend eingebüßt hat. In Duschanbe forderte Russlands Präsident Dmitrij Medwedew mehr Eigeninitiative bei Sicherheitsfragen in Mittelasien. „Die Verantwortung für das, was in der Region passiert, liegt letztendlich bei unseren Ländern“, meinte er. Die USA und andere NATO-Staaten erfüllten wichtige Aufgaben in der Region und viel hänge von ihnen ab, sagte er. „Aber sie sind doch auswärtige Kräfte.“

veröffentlicht in: Salzburger Nachrichten

Teilen in sozialen Netzwerken
Bücher
Foto